Abendzeitung, 24.11.2009

Flüchtlingsrat: Lager sind Steuerverschwendung

Der Bayerische Flüchtlingsrat rechnet vor: Würde der Freistaat Flüchtlinge statt in Heimen in Wohungen leben lassen, könnten 13,6 Millionen Euro Steuern gespart werden. Sozialministerin Haderthauer ist empört: "Das ist Volksverdummung!"

Das Asylbewerberheim in Dachau. Foto: Reinhard Keck

Würdelos, unmenschlich und sogar ein Fall von Steuerverschwendung? Der Bayerische Flüchtlingsrat heizt die Debatte um eine Abschaffung der Flüchtlingslager im Freistaat neu an – diesmal mit einer Zahl: 13,6 Millionen.

So viel könnte die Bayerische Staatsregierung laut Flüchtlingsrat einsparen, dürften die etwa 7600 in Heimen untergebrachten Asylbewerber in einer privaten Wohnung leben. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Organisation, die der AZ vorliegt. Der Flüchtlingsrat stellt darin folgende Zahlen gegenüber: Die Pro-Kopf-Kosten der Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft und die Kosten in einer privaten Wohnung, entsprechend den jeweiligen Mietobergrenzen von Hartz IV-Empfängern.

Was der Flüchtlingsrat somit fordert, ist die Gleichstellung von Hartz IV-Empfängern und Asylbewerbern – zumindest was die Unterkunft angeht. Die Studie zeigt beispielsweise, dass die Unterbringung einer vierköpfigen Familie im Flüchtlingsheim Dachau, moantlich 1800 Euro kostet. Dabei lasse sich in Dachau auch eine Wohnung für nur 989 Euro finden.

Selbst im teuren München soll die Rechnung aufgehen: Würden die 140 Flüchtlinge des Heims in der Karl-Schmid-Straße in Wohnungen umziehen, könnten 260000 Euro gespart werden, wie der Flüchtlingsrat rechnet.

Insgesamt sieben Sammelunterkünfte in Bayern wurden so analysiert. Am Ende ergab sich ein durchschnittliches Sparpotenzial von 1786 Euro pro Flüchtling pro Jahr. Bei 7636 Asylbewerbern steht unterm Strich die Summe von 13,6 Millionen Euro. Sind es Steuermillionen, die verschwendet werden, wie der Flüchtlingsrat behauptet?

Sozialministerin Christine Haderthauer (CSU) sieht das ganz anders. „Volksverdummung im ganz großen Stil“, nennt sie die Studie. Wohnungen zu stellen, sei „für den Steuerzahler immer die teurere Variante.“

Denn zu den Lebenshaltungskosten, die der Staat übernehmen müsse, gehörten nicht nur die Mietkosten, sondern auch die Verpflegung mit Lebensmitteln und die medizinische Versorgung. Außerdem, lebten schon jetzt mehr als die Hälfte von Asylbewerbern, die per Gesetz in Gemeinschaftsunterkünften wohnen müssten, in privaten Wohungen, so Haderthauer.

Bayerns Jungliberale schlagen sich hingegen auf die Seite des Flüchtlingsrats. Sebastian Körber, Vorsitzender der Jungliberalen, attackiert die CSU für ihre sture Haltunger. Es sei „eine Schande“, so Körber, dass man bei den Konservativen mit Geld argumentieren müsse. Der FDP-Bundestagsabgeordnete plädiert für ein Ende der „menschenunwürdigen“ Lager.

R. Keck

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