Süddeutsche Zeitung, 16.03.2013

Flüchtlingspolitik: Typisch Haderthauer

Kommentar


Wie kaum eine andere bayerische Politikerin legt Sozialministerin Christine Haderthauer Wert darauf, bella figura zu machen. Sie will immer möglichst gut dastehen. Um dieses Ziel zu erreichen, hatte die Ministerin für ihren Besuch in der Würzburger Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber eine Nachricht im Gepäck, die tatsächlich die so oft proklamierte CSU-Devise 'Bayern geht voran' unterstreicht: Für sämtliche Flüchtlinge im Freistaat solle künftig ein Deutschkurs angeboten werden. Bayern ist damit - wenn es denn wahr wird - den anderen Bundesländern einen Schritt voraus. Man muss aber kaum erwähnen, dass so etwas mehr als überfällig ist, ein Umstand, der längst auch in Teilen der CSU so gesehen wird. Die frühere Sozialministerin Barbara Stamm ist nur ein Beispiel dafür.

Haderthauers Besuch in Würzburg hätte tatsächlich zu einem Ereignis werden können, das der Ministerin zur Ehre gereicht. Doch der Besuch endete in einem äußerst unschönen Eklat - und das ist, man muss es leider sagen, typisch für Christine Haderthauer. Dort, wo empathisches Zugehen auf Menschen gefragt ist, dort wo sich Widerspruch erhebt oder dort, wo Betroffene vehement auf ein Gespräch pochen, gehen bei Haderthauer die Türen zu. Manche, die sie kennen, sagen auch: Da geht mit ihr der Gaul durch. Das ist so vorhersehbar, dass man solche Situationen durchaus auch provozieren könnte.

Im konkreten Fall aber hatte sich ein Mann auf Krücken vor Haderthauers Dienstfahrzeug postiert und sie so an der Weiterfahrt gehindert. Er wartet seit langem vergeblich auf eine Operation und wollte deshalb mit jener Ministerin reden, von der er glaubt, dass sie für ihn und seinesgleichen verantwortlich ist. Es blieb Barbara Stamm vorbehalten, zu zeigen, wie sich eine solche Situation deeskalieren lässt - indem man sich eben nicht ins Auto setzt, sondern mit den Menschen redet. Damit strahlt sie jenes politische Charisma aus, das Christine Haderthauer so gerne hätte.

Dietrich Mittler

Quelle: Süddeutsche Zeitung

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