Donaukurier, 11.11.2010
Flüchtlinge haben Pakete satt
Knapp die Hälfte der Bewohner einer Flüchtlingsunterkunft im oberbayerischen Denkendorf (Kreis Eichstätt) verweigert seit vergangenen Dienstag die Annahme der Essenspakte. Mit ihrer Aktion wollen die 25 Bewohner – allesamt alleinstehende Personen – auf ihre Lage aufmerksam machen und für eine selbstbestimmte Lebensmittelversorgung, die Beendigung der Beschränkung ihrer Bewegungsfreiheit und ein menschenwürdiges Wohnen statt Lagerunterbringung eintreten. Unterstützt wird die Aktion vom Bayerischen Flüchtlingsrat und der Menschrechtsorganisation Karawane.
Denkendorf (DK) Knapp die Hälfte der Bewohner einer Flüchtlingsunterkunft im oberbayerischen Denkendorf (Kreis Eichstätt) verweigert seit vergangenen Dienstag die Annahme der Essenspakte. Mit ihrer Aktion wollen die 25 Bewohner – allesamt alleinstehende Personen – auf ihre Lage aufmerksam machen und für eine selbstbestimmte Lebensmittelversorgung, die Beendigung der Beschränkung ihrer Bewegungsfreiheit und ein menschenwürdiges Wohnen statt Lagerunterbringung eintreten. Unterstützt wird die Aktion vom Bayerischen Flüchtlingsrat und der Menschrechtsorganisation Karawane.
59 Menschen – vor allem aus dem Irak und dem afrikanischen Raum – leben derzeit in der von der Regierung von Oberbayern getragenen Unterkunft Denkendorf. Darunter sind auch drei Familien, eine davon mit acht Angehörigen. Die überwiegende Mehrheit aber sind alleinstehende Männer und Frauen, von denen 25 jetzt auf ihre Situation aufmerksam machen wollen.
Das Essen sei auf Dauer nicht auszuhalten, die Qualität sei miserabel, immer erhielten sie die gleichen Mahlzeiten, klagen sie. "Wir wollen Geld ausbezahlt bekommen, damit wir für uns selbst einkaufen können", erklärt ein Mann aus dem Senegal. Gleichzeitig wird kritisiert, dass die Behörden die Ausgabe der Essenspakete als Kontrollmöglichkeit nutzten, die Präsenz der Bewohner in der Unterkunft zu überwachen: "Wenn wir nicht zur Ausgabe erscheinen, werden uns die 40 Euro Bargeld gestrichen, die uns monatlich zustehen", sagt eine Frau aus Sierra Leone.
Kritik an der bayerischen Flüchtlingspolitik übt auch der Bayerische Flüchtlingsrat: "Essenspakete, Lagerzwang, Residenzpflicht und Arbeitsbeschränkungen gilt es jetzt abzuschaffen", so Stefan Klingbeil vom Bayerischen Flüchtlingsrat.
Heinrich Schuster, Pressesprecher der Regierung von Oberbayern, weist die Kritik zurück. Die Verpflegung sei durch eine bundesgesetzliche Regelung festgelegt, das Essensangebot mit dem Landesamt für Gesundheit nach ernährungsphysiologischen Gesichtspunkten abgestimmt. Außerdem werde bei der Versorgung auf die Bedürfnisse von Menschen islamischen Glaubens Rücksicht genommen.
Dass Denkendorf keine Großstadt sei, daran lasse sich nichts ändern, so Schuster. Die Mehrheit der Flüchtlinge strebe in die Großstädte, aber dieser Wunsch könne nicht berücksichtigt werden. München zum Beispiel sei "voll". Angesichts der Zunahme an Flüchtlingen werde die Regierung deshalb künftig wieder mehr Unterkünfte außerhalb der Großräume suchen müssen: "Wir werden wieder verstärkt auf das flache Land zurückgreifen müssen", so Schuster. Gegenüber dem Jahr 2008 sei die Zahl der Asylbewerber in Bayern um 45 Prozent gestiegen, für dieses Jahr sei gegenüber dem Vorjahr bereits eine Zunahme um 31,5 Prozent festzustellen, so Schuster.
Von Hermann Redl
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