Süddeutsche Zeitung, 26.01.2012

Erhobenen Hauptes

Flüchtlingsrat und Erlanger Beamter einigen sich auf Vergleich

 

Der Bayerische Flüchtlingsrat wird einen Mitarbeiter der Erlanger Ausländerbehörde künftig nicht mehr mit voller Namensnennung in der Öffentlichkeit kritisieren und als 'Sheriff Gnadenlos' bezeichnen. Der Erlanger Beamte wiederum verpflichtet sich seinerseits, bereits gestellte Strafanzeigen gegen Mitarbeiter des Flüchtlingsrats wieder zurückzuziehen. Zudem verzichtet er auch noch auf 'eine Richtigstellung' der gegen ihn erhobenen Vorwürfe. Mit diesem Vergleich endete am Mittwoch im Landgericht München I ein seit Ende November tobender Streit.

Der Mitarbeiter der Ausländerbehörde hatte sich durch die persönlich auf ihn zielende Kritik des Flüchtlingsrats massiv beleidigt gefühlt. Durch die Nennung des Vor- und Nachnamens, so hatte sein Anwalt argumentiert, sei sein Mandant nicht nur in seiner Ehre verletzt. 'Auch besteht die Gefahr, dass er in seinem beruflichen Fortkommen beeinträchtigt wird', hatte der Hamburger Jurist erklärt. Den Flüchtlingsrat wollte er folglich per Unterlassungsklage zwingen, die vorgebrachten Äußerungen gegen den Beamten künftig nicht mehr öffentlich zu wiederholen - bei Zuwiderhandlung sollten 250000 Euro Ordnungsgeld oder sechs Monate Haft die Folge sein.

Kein Wunder, dass Alexander Thal, der vor Gericht als verantwortlicher Sprecher der Flüchtlingshilforganisation auftrat, doch mit gewisser Nervosität dem Verfahren entgegensah - gleichwohl er nach wie vor daran festhält, dass alle Kritikpunkte an dem Beamten durch Beweismittel - etwa eidesstattliche Erklärungen und Dokumente - belegt seien.

Die Richterinnen versuchten indes - nach einem zuvor leicht aggressiven Entree - Thal und seinen Anwalt mit Engelszungen davon zu überzeugen, den Kompromiss-Vorschlag der Gegenpartei anzunehmen. So etwa hatte der Anwalt des Beamten erklärt: 'Wir wollen ja keine Richtigstellung, wir wollen eine friedliche Lösung für die Zukunft.' Auch gehe es nicht darum, dem Flüchtlingsrat den Mund zu verbieten. Weiterhin könne der seine Kritik an der Erlanger Ausländerbehörde äußern - aber eben ohne einzelne Beamte für alle kenntlich vorzuführen. Es fiel aus dem Mund des Anwalts sogar der Satz: 'Kritische Äußerungen gegen die Ausländerbehörde mögen ja berechtigt sein', aber konkrete Namen sollten dabei aus dem Spiel bleiben.Thal und seine Mitstreiter hatten dem Beamten per Pressemitteilung unter anderem vorgeworfen, er treffe im Amt 'Ermessensentscheidungen am äußersten rechten Rand, um Flüchtlinge an der Wahrung ihrer Interessen zu hindern'.

Nach kurzer Beratungspause stimmten die Vertreter des Flüchtlingsrats dem Vergleich zu. Eine der Richterinnen atmete erleichtert auf: 'Eine schöne Lösung, weil beide Seiten nun erhobenen Hauptes rausgehen können.' Zuvor jedoch war der Flüchtlingsrat schwer gerüffelt worden. Auf seiner Internetseite fehlte das Impressum. Zudem ist seine Organisationsform für Juristen nicht unbedingt nachvollziehbar.

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http://www.sueddeutsche.de/d5K38J/435054/Erhobenen-Hauptes.html

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