Neue Presse Coburg, 24.02.2011

Eine Frage der Menschenwürde

Der Gemeinderat lässt nichts unversucht: Zur Verhinderung eines Asylbewerberheims weist er ein Gewerbegebiet aus.


Die Gemeinde von Ebersdorf bei Coburg will ein Asylbewerberheim offenbar auch mit Hilfe der Bauleitplanung verhindern. Bürgermeister Bernd Reisenweber bestätigte am Dienstag bei "Coburg konkret", der Gemeinderat habe einen Aufstellungsbeschluss für ein neues Gewerbegebiet gefasst, in dem auch das Anwesen liege, in dem Flüchtlinge untergebracht werden sollen.

Johann Hümmer als Vertreter der Bezirksregierung reagierte verschnupft, zumal Reisenweber schlitzohrig erklärt hatte, man folge bei der Aufstellung des Bebauungsplans doch nur einer Anregung aus Bayreuth. Man werde genau prüfen, so Hümmer, ob der Gemeinderatsbeschluss nicht rechtswidrig sei.

Dass das Vorgehen der Gemeinde Ebersdorf bei Coburg zu einer Verhärtung der Fronten führen könnte, befürchtet Landrat Michael Busch nicht. Man sei, sagte er, miteinander im Gespräch. Und auch Hümmer zeigte sich versöhnlich. Zwar habe die Bezirksregierung bei der Anmietung des ehemaligen Fabrikgebäudes in Ebersdorf korrekt gehandelt. Man sei aber willens, künftig noch früher als bisher auf die Kommunen zuzugehen.

Bezirksrat Felleke Bahiru Kum vom Flüchtlingsforum Coburg zeigte Verständnis für die Besorgnisse der Ebersdorfer Bürger. Aus eigener Erfahrung - Bahiru lebt seit vielen Jahren als Asylbewerber in Deutschland - könne er bestätigten, dass es nicht gut sei, wenn Menschen, die nicht arbeiten dürften, lange Zeit auf engstem Raum zusammenleben müssten. Das führe oft zu Spannungen, die sich auch in Gewalttätigkeit entladen könnten. Es wäre deshalb viel besser, wenn Asylbewerber die Chance hätten, in kleinen Wohneinheiten zu leben.

Für den Oberbürgermeister von Neustadt bei Coburg, Frank Rebhan, ist dies auch eine Frage der Menschenwürde. Große Gemeinschaftsunterkünfte seien der falsche Weg. Sie führten zu Unfrieden und quasi staatlich geförderter Fremdenfeindlichkeit. Flüchtlinge sollten in normalen Wohnungen leben und zumindest einer gemeinnützigen Arbeit nachgehen und dafür ein kleines Taschengeld bekommen können. Ein Miteinander unterschiedlicher Nationalitäten und Kulturen sei möglich und wünschenswert, betonte Rebhan, sofern man es ernst meine mit der Integration. Heute lebten in Neustadt Menschen aus 50, in Coburg aus 100 verschiedenen Ländern.

Die Europaabgeordnete Monika Hohlmeier betonte, nach Jahren des Rückgangs seien die Asylbewerberzahlen 2010 wieder deutlich angestiegen. Das Problem seien die vielen Flüchtlinge, die zwar nicht als politisch Verfolgte anerkannt werden, aber aus humanitären Gründen "subsidiären Schutz" genießen, beispielsweise weil in ihrem Herkunftsland Bürgerkrieg herrscht. Da diese Menschen zum Teil über Jahre ein Aufenthaltsrecht erhalten, sollte nach Ansicht Hohlmeiers über eine Lockerung des Arbeitsverbots nachgedacht werden. Dies umso mehr, weil in den kommenden Monaten mit einem verstärkten Zustrom an Flüchtlingen aus Nordafrika zu rechnen sei. Auch ein flexibleres System der Unterbringung wäre sinnvoll.

Quelle: Neue Presse Coburg

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