Süddeutsche Zeitung, 27.11.2009

Ein Mundwerk wie ein Geschütz

Schüchtern ist Christine Haderthauer ja nicht gerade. Die Sozialministerin ist eine der wenigen Frauen, die es in der CSU weit gebracht haben - und das lässt sie sich auch gerne anmerken. Seit die 46-Jährige neuerdings auch als Kronprinzessin gehandelt wird, also in die bislang rein männliche Riege der potentiellen Seehofer-Nachfolger aufgenommen wurde, ist es mit ihrer Zurückhaltung gänzlich vorbei.

Ihr ausgeprägtes Selbstbewusstsein drückt sich auch rhetorisch aus. "Ich bin eine Chance für die Partei", ist einer von diesen Sätzen, mit der sie sich in der CSU nicht nur Freunde macht. Andererseits gehört sie zu den wenigen, die sich trauen, Ministerpräsident Horst Seehofer Paroli zu bieten - und dafür durchaus auch Respekt ernten.

Christine Haderthauers großes Mundwerk ähnelt aber oft auch jenem viel zitierten losen Geschütz, von dem man nie genau weiß, in welche Richtung es gerade ballert. Nicht nur Parteifreunde bekommen dann die eine oder anderen Salve ab, treffen kann es eigentlich jeden. "Volksverdummung im ganz großen Stil" warf sie kürzlich dem bayerischen Flüchtlingsrat vor, als dieser eine Studie präsentierte, wonach die Unterbringung von Flüchtlingen in Sammellagern Geldverschwendung sei.

Neulich, beim alljährlichen Kartoffelessen im unterfränkischen Hopferstadt, nahm die Sozialministerin als Rednerin den Koalitionspartner FDP unvermittelt ins Visier. Dass sie Wirtschaftsminister Martin Zeil dabei Nachholbedarf in Sachen DSL vorwarf, gehört noch zum üblichen politischen Geplänkel - auch wenn es letztlich die CSU war, die den Ausbau jahrelang verschlafen hat. Danach aber wurde die Ministerin persönlich. Für sie sei die Ehe ein wichtiges Gut, sagte sie, so las man es in der Lokalzeitung. Und sie bedauere, dass Guido Westerwelle das anders sehe.

Den FDP-Außenminister wegen politischer Äußerungen zu kritisieren, wäre ja in Ordnung, dessen Homosexualität sollte aber Privatsache bleiben dürfen. In der FDP löste Haderthauer - gelinde gesagt - Irritationen aus. "Am Aschermittwoch lass" ich mir das ja noch eingehen", sagte der Unterfranke Karsten Klein. Aschermittwoch. Das wär wohl noch was für Haderthauer.

Katja Auer

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