Augsburger Allgemeine, 28.07.2012

Ein Leben auf neun Quadratmetern

Asylbewerber sollen bald mehr Geld bekommen. Doch damit allein ist es nicht getan

Rund 40 Quadratmeter stehen vier Menschen in einem Zimmer in der Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber, wie hier in Mindelheim,  zur Verfügung. Foto: Kratzer

 

Neun Quadratmeter – seit elf Jahren sind sie die Heimat von Li Chen (Name von der Redaktion geändert). Mehr als ein Jahrzehnt lebt die Chinesin bereits im Asylbewerberheim in Höchstädt. Mittlerweile hat sie einen zweijährigen Sohn. Doch auch nach so langer Zeit kann sich Li Chen nur äußerst gebrochen auf Deutsch verständigen. Auch, wenn sie nun schon seit einiger Zeit regelmäßig zum Deutschkurs beim internationalen Frauentisch kommt.

Asylbewerbern steht kein Deutschkurs zu

Das, sagt Initiatorin Luise Rössler, wäre eigentlich gar nicht vorgesehen. „Asylbewerbern steht nämlich gar kein Deutschkurs zu.“ Ein Skandal, wie Rössler findet. „Jedes dritte Wort bei den Politikern ist heute Integration. Aber man muss den Menschen eben auch die Möglichkeit geben, sich zu integrieren. Doch das fängt einfach mit der Sprache an.“ Das findet auch Pfarrerin Alexandra Eberhardt. Bei ihr sei kürzlich ein Asylbewerber aus Afghanistan gewesen. „Er wollte von mir wissen, wo er Deutsch lernen kann, damit er eine Chance auf eine Arbeit hat“, erzählt sie. Weiterhelfen konnte sie ihm nicht.

Insgesamt 42 Euro bekommt ein Asylbewerber in Deutschland derzeit zur freien Verfügung als Taschengeld. Seit 1993 ist der Satz unverändert, damals waren es noch 80 Mark. „Dabei haben sich die Preise seit dem stark geändert“, kritisiert Sprachlehrerin Regina Cäsar. „Sie müssen sich das mal vorstellen. Was kann man mit 41 Euro überhaupt machen?“ Diese Frage hat sich kürzlich auch das Bundesverfassungsgericht gestellt und entschieden: die staatlichen Hilfen für Asylbewerber müssen aufgestockt werden. Auf rund 130 Euro soll dann das Taschengeld steigen.

Problem: Zuteilung des Essenspaketes

Regina Cäsar hält die Erhöhung für unumgänglich. Ebenso wie Luise Rössler. „Ein bisschen was ist es ja doch“, sagt sie. Denn die bislang 41 Euro seien viel zu knapp bemessen gewesen. Um sie zu bekommen, erzählt Li Chen, habe sie ins Landratsamt nach Dillingen fahren müssen. Denn ein Asylbewerber hat kein Konto. Die Zugfahrt nach Dillingen kostete 4,40 Euro. Blieben noch 36 Euro und 60 Cent. Einmal zum Arzt nach Dillingen – macht wieder 4,40 Euro. Vielleicht mal ein Eis für das Kind – das war nicht drin, sagt die Chinesin. Zu teuer.

Was zur Enttäuschung der Bewohner bleibt, ist die Zuteilung des Essenspaketes. In anderen Bundesländern gibt es hier Gutscheine. So können sich Menschen verschiedener Nationen eher das kaufen, was sie auch essen wollen.

Von Katharina Gaugenrieder

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