Nordbayerischer Kurier, 20.04.2009

„Die Lager sind teils rechtsfreier Raum“

Der Bayerische Flüchtlingsrat ist derzeit auf einer einwöchigen „LagerInventour“. Die Mitglieder besuchen Unterkünfte für Asylbewerber in ganz Bayern, um ein Bild von den Lebensverhältnissen der Flüchtlinge zu gewinnen. Gestern waren sie in Bayreuth.

Die Mitglieder des Bayerischen Flüchtlingsrats seien klar gegen die strikte Lagerunterbringung, die eine „bayerische Spezialität“ sei, so Matthias Weinzierl im KURIER-Gespräch. Bayern habe sich seinerzeit als Hardliner beweisen wollen. Die Unterbringung in Sammellagern sei eine politische Entscheidung gewesen, um so Druck auf die Flüchtlinge auszuüben. „Ganz nach dem Prinzip: Wir machen die Lager unerträglich und setzten die Bewohner ständiger Kontrolle aus, damit sie spüren, dass sie unerwünscht sind und freiwillig wieder gehen.“ Die Unterkünfte würden daher eher Disziplinierungseinrichtungen als Wohnanlagen gleichen, sagt Weinzierl. Es fehle den Flüchtlingen dort an Privatsphäre, aber auch an der Freiheit, sich zu entfalten. Viele Lebensbereiche seien fremdbestimmt, „die Lager sind teils rechtsfreier Raum, in dem die Verwaltung und die Hausmeister große Macht haben“, betont Weinzierl. Bayern brauche ein Asylrecht, dass diesen Namen verdiene und menschlich sei.

Die Ergebnisse der „LagerInventour“ sollen am Donnerstag bei einer Experten-Anhörung zur Situation von Flüchtlingen in bayerischen Flüchtlingslagern im Bayrischen Landtag eingebracht werden. Dort wird auch Nissrin Ali, eine in der Bayreuther Unterkunft lebende Kurdin, zu Wort kommen (ein ausführliches Interview mit Nissrin Ali lesen Sie am Montag im Nordbayerischen KURIER). „Wir wollen, dass die Menschen, die teils seit vielen Jahren in den Lagern leben und zum rumsitzen und nichts tun verdammt sind, zu Wort kommen“, sagt Tobias Klaus vom Flüchtlingsrat. Die Angst, offen über ihre Lebenssituation zu sprechen, sei dabei jedoch oft sehr groß – gerade wenn Vertreter der Heimleitung oder der Regionalregierung anwesend seien. Das sei bei der „LagerInventour“ jedoch bislang die Regel gewesen. Klaus. „In Bayreuth ist das erste Mal niemand von den Offiziellen gekommen.“ av

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