Main-Echo, 16.03.2013

Deutsch für Flüchtlinge

Asyl: Beim Besuch in der Würzburger Unterkunft wird Sozialministerin Haderthauer blockiert und fordert Sprachkurse


Eigentlich müsste Christine Haderthauer um 19 Uhr bei einem Termin in Ingolstadt sein. Es ist bereits kurz vor halb sieben, und der Dienst-Audi der bayerischen Sozialministerin steht noch immer im Hof der Würzburger Flüchtlingsunterkunft. Aufgebrachte Asylbewerber, die mit der CSU-Politikerin sprechen wollen, blockieren die Limousine.

Unter den Blockierern an der Veitshöchheimer Straße ist Hassan Hosseinsadeh, der im vergangenen Jahr in Würzburg den Hungerstreik iranischer Flüchtlinge organisiert hat. »Sie sitzt im Auto und will nicht einmal zwei Minuten mit den Flüchtlingen reden. Das verstehe ich nicht«, ruft er aufgebracht.

Neben ihm steht die Grünen-Landtagsabgeordnete Simone Tolle (Arnstein), die ebenfalls versucht, für die Flüchtlinge ein Gespräch zu erwirken. Sie war zu dem Meinungsaustausch von Vertretern der Asylarbeit kirchlicher und sozialer Organisationen mit dem Würzburger Oberbürgermeister Georg Rosenthal (SPD) sowie den Landtagsabgeordneten Oliver Jörg (CSU) und Volkmar Halbleib (SPD) nicht eingeladen. Während die Ministerin hinter den abgedunkelten Scheiben ausharrt, wirken ihren Sicherheitsleute genervt. »Ich komme hier keinen Meter weiter«, sagt einer um das Auto laufend.

Dann setzt der Dienstwagen zurück, ein junger Asylbewerber stellt sich in den Weg. Er klagt über fehlenden Deutschunterricht und ruft, als ihn ein Sicherheitsmann hinter dem Wagen wegzieht: »Ich bin auch ein Mensch.« Nach zehn Minuten räumen zwei Streifenpolizisten den Weg für Haderthauer frei. Langsam rollt der dunkle Audi in Richtung Ausfahrt, begleitet vom höhnischen Klatschen der Zurückgebliebenen. Wie man in den Dialog mit Flüchtlingen tritt, zeigt zeitgleich Bayerns Landtagspräsidentin Barbara Stamm (CSU), die sich geduldig die Sorgen und Nöte einer jungen Frau anhört.

Es war der Abschluss eines Treffens, das auf Wunsch des Würzburger Bischofs Friedhelm Hofmann zu Stande gekommen war. Er hatte sich mehrfach vor allem über die Lage der Kinder in der Unterkunft beschwert und auch in Gesprächen der bayerischen Bischöfe mit der Staatsregierung Verbesserungen gefordert. Nach Angaben aus Teilnehmerkreisen drängte neben Hofmann vor allem Würzburgs evangelische Dekanin Edda Weise auf eine menschenwürdige Unterbringung der Asylbewerber. Die Atmosphäre sei bis auf wenige Ausnahmen sehr kon-struktiv und positiv gewesen.

»Vom ersten Tag an gewollt«

Mit knapp einstündiger Verspätung traten Hofmann, Haderthauer und auch Stamm vor die Presse. »Ich habe den Menschen im Blick. Es darf nicht passieren, dass Traumata der Asylbewerber in unserem Land noch verstärkt werden«, unterstrich der Bischof. Er forderte Deutschkurse von Anfang an. Dies unterstützte Stamm nachdrücklich: »Deutsch muss vom ersten Tag an gewollt sein, selbst wenn die Leute später zurückgehen.« Hofmann lobte die Fortschritte, die sich im Würzburger Flüchtlingsheim gezeigt hätten. Das Haus stehe im Vergleich mit anderen Gemeinschaftsunterkünften »nicht ganz so schlecht« da.

Ministerin Haderthauer, die sich in Würzburg ebenfalls hinter die Forderung nach Deutschkursen stellte, würdigte die »breite Struktur« an Profis und Ehrenamtlichen, die sich um die Asylbewerber kümmerten. Bei der Möblierung von Gemeinschaftsräumen müsse man »noch etwas genauer« hinsehen, sagte sie mit Blick auf die Regierung von Unterfranken. Auf die Frage, warum die Flüchtlinge bei dem Besuch außen vor gelassen worden seien, entgegnete die CSU-Politikerin, dass sie bei ihrem 30-minütigen Rundgang mit »etlichen« gesprochen habe. Man habe zudem viele Vertreter von Organisationen dabei gehabt, die wüssten »wo die Menschen der Schuh drückt«.

Der Würzburger Bischof kündigte an, sich weiter um menschenwürdige Verhältnisse für die Asylbewerber zu kümmern. »Es liegt uns wirklich am Herzen, den Menschen Gerechtigkeit und Würde zu zeigen«, versicherte Hofmann.

Ralph Bauer

Quelle: Main-Echo

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