junge Welt, 21.01.2012

»Der Mann arbeitet mit allen möglichen Tricks«

Ein Mitarbeiter der Ausländerbehörde Erlangen führt offenbar einen Privatkrieg gegen Flüchtlinge. Ein Gespräch mit Alexander Thal


Mehrere Flüchtlingsorganisationen hatten die Stadt Erlangen aufgefordert, Armin Mangold nicht mehr als Mitarbeiter in der dortigen Ausländerbehörde einzusetzen. Unter anderem hatten sie ihn als »Sheriff Gnadenlos« bezeichnet – er klagt wegen Unterlassung. Sie wollen die Zulässigkeit dieser Aussage am Mittwoch vom Landgericht prüfen lassen – worum geht es?

Der Ausländer- und Integrationsbeirat der Stadt Erlangen, Amnesty International Erlangen, das Internationale Frauencafé Nürnberg, die Flüchtlingsunterstützung Erlangen, die Ehrenamtliche Flüchtlingsbetreuung Erlangen und der Bayerische Flüchtlingsrat hatten sich bei einer Pressekonferenz am 29. November 2011 an die Öffentlichkeit gewandt. Während der Konferenz berichteten drei Flüchtlinge aus Erlangen über ihre Erfahrungen mit diesem Beamten. Der Mann arbeitet tatsächlich mit allen möglichen Tricks, um die Leute an der Wahrnehmung ihrer Interessen zu hindern – was wir aber, wenn es nach Mangold geht, künftig nicht mehr sagen dürfen.

Können Sie das an einem Beispiel verdeutlichen?
Unter anderem ging es um einen iranischen Flüchtling, der in Erlangen zum Christentum konvertiert ist. Als 2007 im Iran zwei Christen hingerichtet wurden, wollte er einen Folgeantrag stellen, um seine Anerkennung als Flüchtling zu erreichen. Deshalb hatte er sich an einem Freitag an Mangold gewandt: Er brauche eine Reiseerlaubnis zu dem für ihn zuständigen Bundesamt, Außenstelle Chemnitz.

Mangold sagte ihm daraufhin, er solle sich am Montag melden, dann bekomme er die Erlaubnis. In der Nacht zuvor ließ er aber zwölf Polizisten anrücken, die den Iraner in Gewahrsam nahmen. Am Morgen wurde er dem Haftrichter vorgeführt, am Dienstag kam er in Abschiebehaft und wurde später in den Iran abgeschoben – wo er sofort verhaftet und menschenunwürdig behandelt wurde. Später konnte er erneut nach Deutschland flüchten und hat mit derselben Begründung wegen der Verfolgung von Christen im Iran eine Anerkennung nach Paragraph 16a Grundgesetz bekommen.

Wenn ein Mitarbeiter des Ausländeramtes sich so verhält, muß er damit leben können, daß ich das »Ermessensentscheidungen am rechten Rand« nenne: Auch das ist eine Äußerung, die wir, wenn es nach Mangold ginge, zu unterlassen hätten.

Gab es weitere Vorfälle?
Eine schwer traumatisierte Frau hatte einen Termin beim Behandlungszentrum für Folter in Lindau. Um einen Abschiebeschutz vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zu erhalten, hätte sie dort ein Fachgutachten holen müssen. Sie konnte jedoch nicht hinfahren, weil Mangold sie nicht von der Residenzpflicht befreit hat. Er forderte von ihr statt dessen ein amtsärztliches Attest über ihre generelle Reise- und Flugfähigkeit. Was absurd ist.

Worüber muß das Gericht denn am Mittwoch konkret entscheiden?
Mangold hatte unmittelbar nach der Pressekonferenz alle beteiligten Flüchtlingsorganisationen wegen Beleidigung angezeigt, weshalb die Staatsschutzabteilung der Kripo Erlangen ein Ermittlungsverfahren einleitete. Die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth hat dieses jedoch umgehend eingestellt, da die Aussagen nicht strafbar sind. Zusätzlich hatte der Anwalt Mangolds den Bayerischen Flüchtlingsrat aufgefordert, eine Unterlassungserklärung zu unterzeichnen, daß wir all diese Tatsachen nicht mehr benennen würden. Weil wir dies nicht getan haben, beantragte er eine einstweilige Verfügung beim Landgericht München. Der Bayerische Flüchtlingsrat solle bei Wiederholung der inkriminierten Äußerungen verpflichtet werden, ein Ordnungsgeld von 250000 Euro zu zahlen.

Landgericht München I, 2. Stock, Sitzungssaal 219, Prielmayerstr. 7, Mittwoch, 15 Uhr

Interview: Gitta Düperthal
Alexander Thal ist Sprecher des Bayerischen Flüchtlingsrats

Quelle: junge Welt

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