Wochenblatt Landshut, 18.04.2012
Der Landrat und die Asylbewerber
Flüchtlinge zogen in Wirtshaus – das hatte zuvor Eppeneders Tochter gekauft
In einem ehemaligen Wirtshaus in Wörth hat der Landkreis Asylbewerber untergebracht. Für manch einen Landkreis-Politiker hat das einen „faden Beigeschmack“. Der Grund: Die Immobilie hatte kurz vorher die Tochter des Landrats gekauft.
Eigentlich verhält sich der Landkreis Landshut ja vorbildlich. Statt in einer Sammelunterkunft werden derzeit rund 120 Asylsuchende – rund 60 sollen laut Pressemitteilung des Landkreises noch folgen – „dezentral“ untergebracht. Erst vor kurzem dankte die Behörde Gemeinden, kirchlichen Gruppen und auch Privatpersonen für deren Engagement in dieser Sache. Beim Schulternklopfen kann Landrat Josef Eppeneder in seiner eigenen Familie anfangen. Denn 23 Asylbewerber – nach Auskunft der Gemeinde – sind seit etwa drei Wochen in einem ehemaligen Gasthaus in Wörth untergebracht. Das Gebäude hat kurz zuvor Eppeneders Tochter gekauft. Das sorgt jetzt für Getuschel in den Landkreis-Rathäusern. Offen sagen traut sich aber keiner etwas.
Die Asylbewerber sollen im Landkreis so lange dezentral untergebracht werden, bis es eine Gemeinschaftsunterkunft geben wird. Wann das der Fall sein wird, ist allerdings noch offen. In Geisenhausen jedenfalls sträuben sich die Bürger gegen eine solche Sammelunterkunft. Und Landrat Josef Eppeneder sieht nur Vorteile in einer dezentralen Unterbringung. Entsprechend geäußert hat er sich in einem Artikel der Tageszeitung Anfang April. Die Asylbewerber könnten sich so doch hervorragend einfügen, heißt es da.
Eppeneders Fürsprache für dezentrale Unterkünfte könnte aber auch einen familiären Hintergrund haben.?Denn seine Tochter beherbergt ja seit einigen Wochen selbst Asylbewerber – und bekommt dafür natürlich Geld.
„Das hat einen faden Beigeschmack“, so der Kommentar eines Landkreispolitikers, der nicht genannt werden wollte, zum Wochenblatt. Denn offen seine Bedenken aussprechen oder Eppeneder kritisieren, das traut sich kaum jemand. Schließlich ist der Landrat ein einflussreicher Politiker in der CSU. Laut Wochenblatt-Informationen stand das ehemalige Gasthaus in der Landshuter Straße in Wörth, direkt gegenüber der Tankstelle, seit langem leer. Für über 300.000 Euro soll es im Internet bereits vor über einem Jahr angeboten worden sein. Nicht gerade ein Schnäppchen. Anders sieht es allerdings aus, wenn sich die Immobilie quasi selbst finanziert. Zum Beispiel dann, wenn die Wirtschaft rund um die Uhr mit Gästen ausgebucht ist.
Zuverlässiger als mit einer normalen Gaststätte funktioniert das natürlich mit Asylbewerbern. Für deren Unterbringung gibt es nach unbestätigten Wochenblatt-Informationen rund 20 Euro pro Kopf am Tag. Bei 23 Einwohnern sind das für 30 Tage 13.800 Euro. „Das ist ein Bombengeschäft, das ich gerne gemacht hätte. In weniger als drei Jahren ist das Anwesen bezahlt. Nur bin ich nicht die Tochter des Landrats und verfüge nicht über solch lukrative Informationen“, so ein ehemaliger Interessent an der Immobilie, der von einem „Insidergeschäft“ spricht. Wörths Bürgermeister Daniel Sporer wollte sich nicht zu dem neuen Besitzer des Gasthauses äußern. Das falle unter den Datenschutz. Bestätigt hat er aber, was dem Vernehmen nach angeblich auch anderen Bürgermeistern sauer aufstößt: Dass er vom?Landratsamt erst relativ kurzfristig über die Neubürger informiert worden sei. Etwa eine Woche vorher habe man ihn davon in Kenntnis gesetzt.
Sechs Fragen – keine Antworten
Natürlich haben wir auch das Landratsamt um eine Stellungnahme gebeten. Die – von der Behörde schriftlich verlangten – Fragen an den Landrat und die Antworten:
1. Ist es richtig, dass die Tochter des Landrats vor kurzem ein Wirtshaus in Wörth, Landshuter Straße 15, gekauft hat, in dem Asylbewerber untergebracht wurden?
2. Wer hat die Entscheidung getroffen, dass dort Asylbewerber untergebracht werden?
3. Wieviel Geld bekommt man vom Staat für die Unterbringung eines Asylbewerbers?
4. Ein Statement vom Landrat: Denkt er nicht, dass hier private und dienstliche Interessen kollidieren?
5. Laut Auskunft der Gemeinde sind dort jetzt 23 Asylbewerber gemeldet. Ist das richtig?
6. Wie lange sollen die Asylbewerber dort bleiben?
Und die Antwort vom Landratsamt:
Sehr geehrter Herr Redakteur Schmid, der von Ihnen übersandte Fragenkatalog richtet sich schon nach Ihren eigenen Überlegungen nicht an den Landkreis bzw. den Herrn Landrat. Wenn Sie vermuten, dass eine Privatperson das Wirtshaus gekauft hat, müssen Sie sich dort erkundigen. Wir weisen darauf hin, dass es nach dem Landespressegesetz einen Auskunftsanspruch nur gegenüber den Behörden der öffentlichen Verwaltung gibt, nicht gegenüber privaten Personen. Bei der Frage, wer Eigentümer einer privaten Immobilie ist, liegt also ein „privater Vorgang“ vor, den Sie ansprechen. Das Landratsamt ist der falsche Ansprechpartner und zur Auskunftserteilung weder verpflichtet noch berechtigt.
Gleiches gilt für die weiteren Fragen. Es gibt keine Verwaltungsentscheidung, irgendwo Asylbewerber unterzubringen. Die Eigentümer von Immobilien treffen im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Dispositionsfreiheit über die Nutzung ihrer Immobilien selbst private Entscheidungen. Sie schließen dann privatrechtliche Mietverträge ab. Auch insoweit bestehen hier datenschutzrechtliche Bedenken gegen Ihre Frage in Ziff. 3.
Mit Ihrer Frage 4 machen Sie keinen Auskunftsanspruch geltend. Im Übrigen unterstellen Sie unzulässig damit, dass in Bezug auf den Herrn Landrat „private mit dienstlichen Interessen kollidieren“. Das ist eine unzulässige Tatsachenbehauptung.
Herr Landrat Eppeneder hat keine privaten Interessen hinsichtlich der Unterbringung von Asylbewerbern aufgrund der politischen Vorgaben der entsprechenden Stellen.
Die Gemeinde hat die Richtigkeit der Ihrer Zeitung erteilten Auskünfte selbst zu vertreten. Eine Rechtsaufsicht im Rahmen der Auskunftserteilung besteht nicht. Insoweit ist auch hier das Landratsamt der falsche Ansprechpartner.
Die Frage 6 bezieht sich auf eine Zukunftsprognose und nicht auf einen tatsächlichen Sachverhalt. Insoweit ist eine Beantwortung auch dieser Frage nicht möglich.
Bitte beachten Sie, dass Herr Landrat eine Verletzung seines Allgemeinen Persönlichkeitsrechts nicht hinnehmen wird. Er ist mit einer Veröffentlichung von Ihren unzutreffenden Unterstellungen auf keinen Fall einverstanden und wird sich dagegen zu wehren wissen. Wir gehen aber davon aus, dass Sie die Privatsphäre und das Allgemeine Persönlichkeitsrecht im Rahmen Ihrer Berichterstattung berücksichtigen werden.
Stefan Possart,
Elmar Stöttner,
Landratsamt Landshut
Anmerkung der Redaktion: Telefonisch bestätigte Possart allgemein, dass der Landkreis Immobilien für Asylbewerber „anmietet“. Vertragspartner würden aber nicht bekannt gegeben. Zuständig sei dafür die Abteilung für Öffentliche Sicherheit und Ordnung. Er sei der Leiter dieser Abteilung.
Alexander Schmid
Quelle: Wochenblatt Landshut