Die Welt, 19.03.2013

Das Facebook-Problem der Ministerin Haderthauer

Nach einem umstrittenen Besuch im Asylbewerberheim hat Bayerns Sozialministerin sich gegen die Presse gewandt - und Unterstützung von rechts außen bekommen. Die Ministerin sieht kein Problem


Es ist schon so eine Sache mit Facebook: Die einen loben, dass sich endlich jeder unzensiert zu Wort melden kann. Die anderen kritisieren eben diese mangelnde Kontrolle. Bayerns Sozialministerin Christine Haderthauer muss nun ihre eigene Lösung auf dieses Problem finden - doch bislang gelingt ihr das nicht.

Auf der Facebook-Seite der CSU-Politikerin häufen sich in den vergangenen Tagen Kommentare, die klar dem rechten Rand zugeordnet werden können. Doch Haderthauer reagiert nicht auf die zum Teil diffamierenden Äußerungen. Deshalb steht sie nun weithin in der Kritik.

"Kalt und entwürdigend"

Zum Hintergrund: Vorige Woche besuchte Haderthauer eine Asylbewerberunterkunft in Würzburg. Am Ende dieses Besuches kam es zu einem Eklat, über dessen Interpretation jedoch gestritten wird.

Haderthauers Variante lautet so: Sie verließ nach einem erfolgreichen Besuch die Unterkunft, wo sie etliche Asylbewerber erwarteten. "Die laut rufenden Männer, die sich direkt vor dem Gebäude versammelt hatten, wirkten sehr bedrohlich auf mich", verteidigte Haderthauer sich später in einer Pressemitteilung. Deshalb sei sie in ihren Wagen gestiegen, doch der Pulk von Männern habe sie zehn Minuten an der Weiterfahrt gehindert.

Die Grünen-Politikerin Simone Tolle hingegen sagt, Haderthauer habe schlicht nicht mit den Asylbewerbern sprechen wollen. Die Situation sei in keinem Moment bedrohlich gewesen. "Kälter und entwürdigender kann man Menschen, die bei uns Schutz suchen, nicht behandeln."

"Links-grünes Gutmenschensekret"

Doch der Besuch war erst der Anfang des Wirbels um Haderthauer, der sich immer weiter ausbreitet. Nachdem mehrere kritische Presseartikel erschienen waren, warf Haderthauer den Journalisten vor, einen "medialen Shitstorm" gegen sie zu inszenieren.

Die große Facebook-Diskussion begann. Haderthauer kritisierte, Journalisten schrieben "eben ohne Recherche auch mal einfach Behauptungen, nur weil sie zur Story passen".

Dafür erntete sie viel Unterstützung - allerdings nicht nur von angenehmer Seite. Auf ihrer Pinnwand häufen sich in den vergangenen Tagen rechtslastige Posts. Da schreiben Nutzer vom "Kasperltheater der Linkspresse", "links-grünem Gutmenschensekret" oder davon, den Asylbewerbern einen Bus zu finanzieren - "nur nicht nach München".

"Love it or leave it"

Die Sozialministerin reagierte nicht. Zwar schrieb sie etliche Nachrichten, in denen sie auf den Besuch und auf die Kritik daran einging, und äußerte sich mitunter recht emotional. So schrieb sie etwa einem Kritiker: "Wie selbstgerecht muss man eigentlich sein um solche Vorschläge abzugeben?????" Auf die rechten Kommentare ging sie jedoch lange nicht ein.

Jetzt erschien auf der Seite der Ministerin, die als Lieblingszitat "Love it or leave it" angibt, eine knappe Erklärung. Darin heißt es: "Auch wenn mir hier nicht alles gefällt, werde ich nicht dazu übergehen alle Posts, die nicht meiner Meinung entsprechen, zu löschen oder mich nach jedem Post der mir nicht gefällt, ausdrücklich per Post davon zu distanzieren!"

Trotz der wachsenden Kritik: Haderthauer sieht die umstrittene Facebook-Kommunikation nicht als Problem, sondern als ihren Vorteil. So postete sie heute: "Gut dass es fb (Facebook) gibt, auch wenn einzelne Journalisten halt so ihre Probleme damit haben."

Die Sozialministerin ist nicht die erste CSU-Politikerin, die wegen Facebook in die Schlagzeilen gerät. Horst Seehofer hatte sich erst Anfang des Monats in die Kritik gebracht, als er sich hämisch über seinen SPD-Gegenkandidaten äußerte.

K. Antonia Schäfer

Quelle: Die Welt

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