Neue Presse Coburg, 25.02.2011
Das Coburger Modell
Landrat Michael Busch zeigt in München, wie Asylbewerber im Landkreis dezentral verteilt werden könnten. Das käme auch kleinen Geschäften zugute
Neustadt bei Coburg zählt 15 934 Einwohner. Deshalb sollen dort 23 Asylbewerber untergebracht werden. In Niederfüllbach wohnen nur 1605 Menschen, das bedeutet zwei Asylbewerber. Zwischen 23 und zwei schwankt die Zahl der Asylbewerber, die in den 17 Städten und Gemeinden des Landkreises Coburg vorgesehen sind. Der Schlüssel ist in erster Linie die Einwohnerzahl. So sieht zumindest das Konzept des Landkreises für eine dezentrale Unterbringung der 130 Asylbewerber aus, die im Raum Coburg unterzubringen sind. Landrat Michael Busch hat das Konzept gestern in München vorgestellt. Wird es gebilligt, kann im Landkreis ein neues Modell ausprobiert werden, bei dem Asylbewerber nicht mehr, wie vorgeschrieben, in Sammelunterkünften wohnen müssen.
"Wenn die Asylbewerber in Relation zur Größe der Aufnahmegemeinde verteilt werden, ist die Unterbringung für die Gemeinde eher verkraftbar", heißt es in den Thesen zu dem Modellprojekt. Weitere Vorteile seien, dass durch die geringe Personenzahl der soziale Friede eher gewahrt werde, auch finde keine Kumulation von Personen und Problemlagen statt und interkulturelle Konflikte zwischen den einzelnen Asylbewerbern könnten verhindert werden. Zudem werde die lokale Ökonomie gestärkt, da die Versorgung zum Beispiel durch den örtlichen Lebensmittelhandel erfolgen kann.
Neben der Einwohnerzahl werden als Kriterium für die Verteilung auch die Größe der vorhandenen Wohnungen berücksichtigt. Auch dem Gebot der Wirtschaftlichkeit müsse Rechnung getragen werden. Das führe dazu, so das Konzept, dass bei der Belegung auf die einzelnen Kommunen Verschiebungen unvermeidbar seien.
Diese dürften jedoch nicht dazu führen, dass einzelne Städte und Gemeinden eine unverhältnismäßig große Anzahl an Flüchtlingen aufnehmen müssen.
Das Konzept des Landkreises Coburg geht davon aus, dass auch bei dezentraler Unterbringung kein finanzieller Mehraufwand bei der Ausstattung der Unterkünfte entsteht. Sollte es doch teurer werden, hätten die kreisangehörigen Städte und Gemeinden bereits Hilfe signalisiert.
Da in Bayern das Sachleistungsprinzip gilt, sei auch bei dezentraler Unterbringung sicherzustellen, dass die Asylbewerber regelmäßig mit Lebensmitteln und Hygieneartikeln versorgt werden. Dies könne durch den Lebensmittelhandel vor Ort gewährleistet werden. Somit sei eine Stärkung der lokalen Ökonomie zu erwarten. In Orten, in denen keine Versorgungsstrukturen mehr vorhanden sind, sollen die nächstgelegenen Versorger herangezogen werden.
Eine Überprüfung der Anwesenheit sieht der Landkreis-Plan unter anderem durch Hausverwaltungen bzw. Gemeindemitarbeiter gewährleistet. Bei der Betreuung soll sichergestellt werden, dass die Asylberwerber eine Anlaufstelle haben, an die sie sich im Bedarfsfall kurzfristig wenden können.
Ebenfalls im Blick hat der Plan die Teilnahme am Gemeinschaftsleben: "Die Asylbewerber sollen, wenn sie in ihre Heimatländer zurückkehren, sagen können, dass Deutschland sie gastfreundlich aufgenommen hat." Gleichzeitig sei aber sicherzustellen, dass die Akteure vor Ort auch den Gaststatus dauerhaft als solchen sehen und mit vertreten. Soweit möglich, solle auch die Migrationsberatung durch die Wohlfahrtsverbände dezentral erfolgen.
Breiten Raum nimmt im Konzept die Finanzierung ein. So soll die Regierung von Oberfranken dem Landkreis Coburg ein finanzielles Budget zur Verfügung stellen, das in der Höhe dem entspricht, was aufzuwenden gewesen wäre, wenn man eine Gemeinschaftsunterkunft, wie in Ebersdorf geplant, angemietet hätte. Bei 130 Asylbewerbern seien für Unterkunft, Versorgung und Betreuung rund 600 000 Euro pro Jahr notwendig. Allerdings handele es sich um Schätzwerte.
Der Landkreis Coburg verpflichte sich, die Asylbewerber im Rahmen des zur Verfügung gestellten Budgets unterzubringen. Nicht in dem Betrag enthalten seien Taschengeld, Bekleidungshilfe, Krankenhilfe sowie die Ausstattung der Unterkünfte und die Kosten für Aufwendungen des täglichen Bedarfs.
Martin Fleischmann
Quelle: Neue Presse Coburg