Süddeutsche Zeitung (Dachau), 30.12.2009

CSU will Unterkunft für Asylbewerber auflösen

Politiker fordern Ausnahmeregelung für Dachau und planen, Flüchtlinge in Privatwohnungen unterzubringen

CSU-Abgeordneter Bernhard Seidenath. Foto: Jørgensen

 

Die Asylbewerber in Dachau können vielleicht schon bald in Privatwohnungen leben. CSU-Politiker aus dem Landkreis fordern vom Freistaat eine Ausnahmeregel für die Große Kreisstadt. Die Gemeinschaftsunterkunft soll zugunsten einer dezentralen Unterbringung der Flüchtlinge aufgegeben werden. Gelingt das Vorhaben, wäre es bayernweit einzigartig.

Noch hat die bayerische Regierungskoalition aus CSU und FDP den Kurs ihrer künftigen Asylpolitik nicht öffentlich vorgestellt. Nach Angaben des Dachauer Landtagsabgeordneten Bernhard Seidenath (CSU)sind aber einige Erleichterungen für Flüchtlinge geplant: So soll die sogenannte Residenzpflicht gelockert werden. Momentan dürfen Asylbewerber, die in Dachau in der Kufsteiner
Straße leben, den Landkreis nicht verlassen. Sie sollen auch in Nachbarlandkreise fahren dürfen. Zudem sollen Flüchtlinge nach einer bestimmten Zeit – im Gespräch seien vier oder fünf Jahre – aus den Asylbewerberunterkünften in Wohnungen umziehen dürfen. „Es darf keine Fälle mehr geben, dass eine Familie 18 Jahre oder länger dort wohnt“, sagte Seidenath. Der Freistaat wird ihm zufolge aber an den Gemeinschaftsunterkünften festhalten. „Wir können nicht alle auflösen, weil wir unserer humanitären Verpflichtung nicht allein mit Privatwohnungen nachkommen können“, sagte Seidenath.

Für die Asylbewerber in Dachau aber könnte es schon bald eine Sonderregelung geben. Dafür zumindest setzen sich namhafte CSU-Politiker aus dem Landkreis ein – die Bundestagsabgeordnete
Gerda Hasselfeldt, Seidenath, Landrat Hansjörg Christmann, Dachaus Oberbürgermeister Peter Bürgel
und die Dritte Bürgermeisterin Gertrud Schmidt-Podolsky (alle CSU) ein. Seidenath bezeichnete es als „ungute Situation“, dass es eine „Gemeinschaftsunterkunft in nicht allzu weiter Entfernung des ehemaligen Konzentrationslagers“ gebe. Über dieses Thema habe er bereits mit Innenminister Joachim Herrmann (CSU) und Sozialministerin Christine Haderthauer (CSU) gesprochen. Jedoch solle erst dann konkret verhandelt werden, wenn die Neuerungen in der Asylpolitik beschlossen seien.

Der Arbeitskreis Asyl in Dachau, der sich ehrenamtlich um die Flüchtlinge in der Kufsteiner Straße kümmert, sieht den Vorstoß der CSU-Politiker im Landkreis skeptisch an. „Man kann die Asylbewerber nicht einfach nur in Wohnungen stecken, sondern man muss sich auch um sie kümmern“, sagte Uwe Lehmann. Flüchtlinge bräuchten Hilfe, damit sie sich in ihrem neuen sozialen Umfeld
zurechtfänden. „Zudem müsste man die Akzeptanz in der Bevölkerung wecken“, fordert er.

In den Baracken an der Kufsteiner Straße leben derzeit laut Regierung von Oberbayern 162 Asylbewerber. Die größte Gruppe stellen Menschen aus dem Irak (46), gefolgt von Afghanistan (20) und dem Kongo (14). Aufgrund des öffentlichen Drucks wurden heuer die Wohnbedingungen der Flüchtlinge ein wenig verbessert. Die Bezirksregierung ließ unter anderem die Einfahrt asphaltieren, die Fassaden von fünf Häusern streichen sowie Sanitäreinrichtungen und Dächer erneuern.


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