Schwäbisches Tagblatt, 16.12.2010

CSU unnachgiebig gegenüber Asylbewerbern

Opposition spricht von Ausländerfeindlichkeit

CSU unnachgiebig gegenüber Asylbewerbern 8435 Asylbewerber leben derzeit in Bayern in Gemeinschaftsunterkünften. An vielen Heimen gibt es Kritik. Unser Foto zeigt die Einrichtung in Coburg. Foto: dpa


Die Debatte über den Umgang mit Asylbewerbern in Bayern hat gestern den Landtag erreicht. Sozialministerin Christine Haderthauer (CSU) sagte, man müsse unterscheiden zwischen denjenigen Asylbewerbern, die tatsächlich Schutz bräuchten, und denjenigen, denen das Recht auf Asyl nicht zustehe. Sie erneuerte dabei ihren Vorwurf, dass abgelehnte Asylbewerber, die ausreisepflichtig seien, das deutsche Gastrecht missbrauchten. Haderthauer hatte bereits in den vergangenen Wochen harsche Töne gegenüber Asylbewerbern angeschlagen.

Die Sozialexpertin der Grünen, Renate Ackermann, warf der CSU vor, in der Partei gebe es einen grassierenden Virus namens Rechtspopulismus. Angelika Weikert (SPD) hielt der Ministerin vor: "Sie schüren Ausländerfeindlichkeit."

Seit Wochen protestieren Asylbewerber in verschiedenen bayerischen Städten gegen die Umstände ihrer Unterbringung. Auch Hilfsorganisationen kritisieren Überbelegung und mangelhafte hygienische Zustände in den Gemeinschaftsunterkünften. In Augsburg verweigerten Flüchtlinge die Annahme von Essenspaketen und forderten stattdessen die Auszahlung von Geldbeträgen, um sich selbst versorgen zu können. "Der Freistaat Bayern lässt sich nicht durch die Verweigerung von Essenspaketen erpressen", sagte Haderthauer dazu gestern.

Auch der Koalitionspartner in der bayerischen Landesregierung, die FDP, griff die CSU zuletzt in der Flüchtlingsfrage an. Die Landeschefin, Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, erinnerte Haderthauer an den im Sommer geschlossenen Asylkompromiss, der die Lebenssituation von Asylbewerbern in Bayern verbessern sollte. Haderthauer verteidigte ihre Position: "Ich wollte aufwecken und bin mit meinen Äußerungen nicht zu weit gegangen."

Die Ministerin differenziert zwischen Flüchtlingen, also denjenigen deren Status vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) anerkannt wurde, und Asylbewerbern, deren Antrag abgelehnt wurde. Für die Flüchtlinge, in diesem Jahr waren das 25,9 Prozent der Antragsteller, sei das erklärte Ziel Integration und Arbeitsvermittlung. Sie hätten Anspruch auf eine Privatwohnung und Sozialleistungen. Für die anderen 74,1 Prozent, laute das Ziel hingegen "Vollzug der Ausreiseverpflichtung". Für sie gelten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz Residenzpflicht, Grundsatz der Gemeinschaftsunterkunft und Sachleistung, also Essenspakete. 8435 Menschen sind von dieser Regelung betroffen.

Nicht nur der Flüchtlingsrat wirft Haderthauer vor, mit falschen Zahlen zu argumentieren. Auch die Grünen verweisen darauf, dass in der Zahl der abgelehnten Asylbewerber viele Fälle enthalten seien, die aus verschiedenen Gründen gar nicht in ihre Heimatländer abgeschoben werden könnten. Alleine 2000 Iraker leben nach Angaben des Flüchtlingsrats mit einer Duldung in Gemeinschaftsunterkünften. Hinzu kommen Zufluchtsuchende aus Afghanistan und Somalia. Die Ministerin hingegen spricht von einer "ganz kleinen Gruppe", die nicht abgeschoben werden könne. Genaue Zahlen nennt sie nicht. Der Flüchtlingsrat bezeichnet Haderthauer als "Hilfssheriff" von Innenminister Joachim Herrmann (CSU) und mahnt, die Ministerin sei schließlich für die "menschenwürdige Unterbringung" zuständig. Haderthauer zeigt sich für solche Kritik nicht empfänglich: "In meiner Amtszeit", behauptet sie, " ist so viel baulich verändert und so viel Geld investiert worden wie nie zuvor."

IRIS HILBERTH

Quelle: Schwäbisches Tagblatt

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