Mainpost, 14.05.2009
CSU streitet um Asylpolitik
Unterbringung der Flüchtlinge entzweit Innen- und Sozialpolitiker
Es ging heiß her, kürzlich im Fraktionsvorstand der Landtags-CSU. Sozialministerin gegen Innenminister lautete das Duell. Sehr aggressiv sei die Diskussion gewesen, berichten Teilnehmer hinterher. Denn Haderthauer forderte mit scharfen Worten nichts weniger als einen kompletten Kurswechsel in der bayerischen Asylpolitik: Dass etwa die Unterbringung in Bayerns Gemeinschaftsunterkünften bei abgelehnten Asylbewerbern „die Bereitschaft zur Rückkehr in das Heimatland fördern“ soll, will sie am liebsten komplett gestrichen wissen.
Dieser Satz steht in der bayerischen „Asyldurchführungsverordnung“. Und geht es nach Herrmann, dann wird das auch so bleiben: „Ein Wechsel der bayerischen Asylpolitik kommt überhaupt nicht in Frage“, erklärt er. Gerade in einem Wahljahr wäre solch eine Kurskorrektur politisch wohl auch nur schwer zu verkaufen. Schließlich gehört Härte in der Asylpolitik seit Jahrzehnten zu den Markenzeichen der CSU.
Herrmann möchte die Auseinandersetzung deshalb gerne ein paar Stufen niedriger hängen. Denn dass es bei der Unterbringung von Flüchtlingen nicht nur in Würzburg Verbesserungsbedarf gibt, ist inzwischen auch in der CSU angekommen. In der Tat werde man bei den Bewohnern künftig „stärker differenzieren müssen“, formuliert Herrmann also. Und zwar „zwischen denjenigen, die unser Land verlassen müssen, weil sie sich hier unberechtigt aufhalten.“ Für diese Menschen soll es in Bayerns Asylunterkünften auch weiter nicht allzu gemütlich sein. Andererseits gebe es aber auch die Menschen, die auch ohne Asylrecht dauerhaft im Land bleiben werden – etwa weil eine Abschiebung in ihr Heimatland nicht möglich ist.
Diese „Geduldeten“ stellen inzwischen rund die Hälfte der rund 7600 Flüchtlinge in Bayern. Dass diese Menschen jedoch komplett die Möglichkeit bekommen könnten, in eine Privatwohnung zu ziehen und für sich selbst zu sorgen, stößt bei den CSU-Innenpolitikern auf massiven Widerstand: „Ich bin strikt gegen einen Automatismus“, erklärt der Innenexperte Christian Meißner. „Im Einzelfall“ könne man zwar über solche Maßnahmen reden. Unter den Betroffenen seien jedoch auch nicht wenige, die durch falsche Angaben oder Papiere ihre Ausreise bewusst hintertrieben. Solche Personen will Meißner in keinem Fall in privaten Wohnungen untergebracht wissen. Zumal sich die Probleme in den Unterkünften auch nicht dadurch erledigten, wenn einfach alle auszögen, so Meißner.
Eine Auffassung, die der Würzburger CSU-Landtagsabgeordnete Oliver Jörg absolut nicht teilt. Seiner Ansicht nach müssen vor allem Familien, Traumatisierte oder Minderjährige außerhalb der Asylunterkünfte untergebracht werden – und zwar egal, ob sie „Geduldete“ sind, oder ob ihr Asylverfahren noch läuft. So könnte in den bestehenden Unterkünften auch für die dort Verbleibenden mehr Platz geschaffen werden, hofft Jörg. Aber auch die von Meißner geforderte Einzelfallprüfung lehnt er ab. Stattdessen müssten Kriterien gefunden werden, für welche Personen ein Auszug in Frage kommt.
Meißner und Jörg gehören einer CSU-internen Arbeitsgruppe an, die die unterschiedlichen Positionen in der Fraktion nun schnell unter einen Hut bringen soll. Eine schwierige Aufgabe, zumal das Ergebnis auch noch mit den Vorstellungen des Koalitionspartners FDP in Einklang gebracht werden muss. Dessen sozialpolitische Sprecherin Brigitte Meyer präsentierte am Mittwoch einen sieben Punkte umfassenden Kriterienkatalog, der für die CSU nur schwer verdaulich sein dürfte. So fordern die Liberalen über die Möglichkeit des Auszugs für bestimmte Gruppen hinaus unter anderem eine zeitliche Befristung für den Aufenthalt in Asylunterkünften oder eine Ausweitung der bisher auf den jeweiligen Landkreis beschränkten Bewegungsfreiheit der Flüchtlinge. Die derzeitigen Unterkünfte in Bayern seien „keine menschliche Form der dauerhaften Unterbringung“, schreibt Meyer der CSU zudem ins Stammbuch. Sie hoffe deshalb „inständig, dass es hier möglich ist, mit der CSU Lösungen zu finden“.
Unverständnis zeigt Meyer auch für die Auffassung Haderthauers, dass die Verantwortung für die Zustände in den Unterkünften und für mögliche schnelle Verbesserungen allein bei den nachgeordneten Bezirksregierungen liegt: „Das Land hat hier schon die Verantwortung, Verbesserungen zu schaffen“, erklärt Meyer. „Das können wir nicht nach unten delegieren“.
Haderthauer hält dagegen an ihrer Linie fest: Die Unterschiede zwischen den Unterkünften „stehen nicht in meinen Verwaltungsanweisungen“, so die Ministerin gegenüber dieser Zeitung. Dies habe sie den sieben Regierungspräsidenten letzte Woche in einer „sehr heftigen Sitzung“ auch persönlich nahegebracht: „Ich habe ihnen gesagt, wenn ihr deshalb angegriffen werdet, müsst ihr euch schon selber helfen und könnt nicht einfach nach der Mama rufen.“
Henry Stern