Evangelischer Pressedienst, 02.07.2013

Campräumung: Flüchtlingsrat kritisiert Blockadehaltung der Regierung

Unterstützer der Asylbewerber fordern Reformen


Der Bayerische Flüchtlingsrat hat die Räumung des Protestcamps von Asylbewerbern am Rindermarkt in München scharf kritisiert. "Es lag eine Verhandlungslösung in der Luft", sagte der Sprecher des Bayerischen Flüchtlingsrats, Alexander Thal, am Dienstag in München. Es habe nur ein Signal der Landesregierung gefehlt. Die Zukunft der Protestierenden ist laut Flüchtlingsrat zum größten Teil weiterhin offen.

Die Flüchtlinge hätten am Samstag angeboten, ihren Protest zu beenden, wenn die Staatsregierung ihnen eine konkrete Perspektive auf ein Bleiberecht gegeben hätte, sagte Thal. Im Gegensatz zu den Streikenden habe sich sie die Regierung aber nicht bewegt. So hätte Innenminister Joachim Herrmann (CSU) den Flüchtlingen zumindest eine vorübergehende Aufenthaltserlaubnis ausstellen können. Von der Politik habe es aber nur ein Gesprächsangebot nach Ende des Hungerstreiks gegeben. Das Camp der Flüchtlinge war am Sonntag geräumt worden.

In dem Zeltlager auf dem Münchner Rindermarkt hatten etwa 50 Flüchtlinge - unter anderem aus Afghanistan, Äthiopien, Syrien, Sierra Leone und dem Iran - seit dem 22. Juni ausgeharrt. Sie waren zunächst in einen Hungerstreik getreten, fünf Tage lang tranken sie auch nichts mehr. Die Behörden begründeten die Camp-Auflösung damit, dass die Flüchtlinge in akuter Lebensgefahr gewesen seien. Auch am Montag befanden sich noch fünf Asylbewerber im Krankenhaus. 23 von ihnen brachte die Stadt vorübergehend in städtischen Wohnheimen unter.

Thal forderte, dass die Lebensbedingungen von Asylsuchenden in Bayern drastisch verbessert werden müssten. So müsse ihnen der Umzug aus einem Lager in eine eigene Wohnung erleichtert werden. Dies sei für allein stehende Flüchtlinge erst fünf bis sechs Jahre nach dem Ende des Asylverfahrens möglich. Er forderte zudem einen einfacheren Zugang zum Arbeitsmarkt für Asylbewerbe sowie eine Abschaffung der Essenspakete. Diese seien teuer, logistisch aufwendig und außerdem für die Asylbewerber entwürdigend.

Jürgen Soyer vom Flüchtlingsberatungszentrum Refugio München sagte, viele Menschen kämen wegen schrecklicher Erlebnisse in ihrer Heimat mit schweren post-traumatischen Belastungsstörungen nach Deutschland. "Stabilität und Sicherheit herzustellen ist für diese Menschen das Wichtigste", betonte er. Durch die menschenunwürdigen Lebensbedingungen, die sie hier hätten, werde die Situation aber noch verschlimmert. Soyer sagte mit Blick auf den Hungerstreik: "Es wundert uns, dass das nicht viel öfter passiert."

Der Vorsitzende des Vereins Pro Asyl, Hubert Heinhold, forderte zudem eine schnellere Bearbeitung von Asylanträgen. Derzeit warteten die Betroffenen meist zwei Jahre oder noch länger auf eine Entscheidung. Für Traumatisierte sei das eine "unerträglich lange Dauer". Er sprach sich außerdem für ein Ende des sogenannten Dublin-Verfahrens aus, nach dem der EU-Mitgliedsstaat über einen Asylantrag entscheidet, in dem der Bewerber zuerst einreist. Dadurch würden Asylsuchende unnötig hin und her geschickt und das Verfahren in die Länge gezogen.

Quelle: epd

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