RTL, 20.06.2012

Bundesverfassungsgericht prüft Leistungen für Asylbewerber

Betrag wurde 1993 geschätzt


Die Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts liest sich etwas sperrig: "Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums ausweislich des Grundgesetzes." Anders gesagt: Wie viel Geld braucht ein Mensch für ein würdiges Leben? Zwei Flüchtlinge aus Nordrhein-Westfalen hatten Medienberichten zufolge geklagt, weil Asylbewerbern in Deutschland rund 40 Prozent weniger Leistungen als Hartz-IV-Empfängern zustehen. Jetzt muss das Gericht entscheiden.

Im sogenannten 'Asylbewerberleistungsgesetz' heißt es: "Der Wert beträgt für den Haushaltsvorstand 360 Deutsche Mark" – nicht Euro, denn seit 1993 ist das Gesetz nicht mehr geändert und der Leistungssatz nicht mehr erhöht worden.

Seit der Währungsumstellung bekommen Asylbewerber und geduldete Flüchtlinge in Deutschland in den ersten vier Jahren nach ihrer Ankunft monatlich insgesamt 224,97 Euro. Davon werden in vielen Bundesländern 40,90 Euro zur freien Verfügung bar ausgezahlt, der Rest ergibt sich aus Leistungen wie Kleidung, Lebensmitteln sowie Strom und Kosten für eine Unterkunft. Der Hartz-IV-Regelsatz liegt dagegen für eine erwachsene alleinstehende Person bei 374 Euro.

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen hält die Beträge für zu niedrig

Am deutlichsten fällt der Vergleich bei unter sechsjährigen Kindern aus, sie bekommen 47 Prozent weniger Leistungen als gleichaltrige Kinder von Hartz-IV-Bedürftigen. Der Grund: Da die Schule beginnt, wird für sie anders als im Ayslbewerberleistungsgesetz bereits die nächsthöhere Bedarfsstufe anerkannt.

Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen hält die Beträge für zu niedrig und hat das Gesetz in Karlsruhe zur Prüfung vorgelegt, weil es gegen das Grundrecht auf Gewährung eines menschenwürdigen Existenzminimums verstoße. Schon 1993 wurden die Beträge nicht exakt berechnet, sondern lediglich geschätzt. Dies aber steht im Gegensatz zum Hartz-IV-Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2010.

Während der Verhandlung zweifelten die Richter in Karlsruhe daran, dass die Leistungen ausreichend sind. Es bestehe eine "ins Auge stechende Differenz" zwischen den Hartz-IV-Sätzen und den deutlich niedrigeren Geldleistungen für Asylbewerber, sagte der Vizepräsident des Gerichts, Ferdinand Kirchhof, in der mündlichen Verhandlung.

Quelle: RTL

Zurück