Junge Welt, 29.01.2010
Bundestagsmehrheit gegen Abschiebestopp
Linke kritisiert Rücknahmeabkommen mit Syrien
Mit Mehrheit haben sich die Abgeordneten des deutschen Bundestages am Donnerstag gegen einen Abschiebestopp nach Syrien ausgesprochen. Die Anträge der Fraktionen Die Linke und der Grünen wurden abgelehnt. Die Linksfraktion forderte, das seit Anfang 2009 geltende deutsch-syrische Abkommen “über die Rückführung von illegal aufhältigen Personen” aufzukündigen und keine weiteren Abschiebungen in das Land vorzunehmen. Die Grünen forderten lediglich eine »unverzügliche Aussetzung« des Abkommens. Rund 7000 “geduldeten” Flüchtlingen aus Syrien droht aufgrund des Papiers die Abschiebung.
Die syrische Regierung habe keine einzige Menschenrechtskonvention unterzeichnet, erklärte die innenpolitische Sprecherin der Linken, Ulla Jelpke, in der Bundestagsdebatte.”Die Bundesregierung liefert dem Regime Oppositionelle regelrecht ans Messer”, fuhr Jelpke fort und verwies auf den Fall des Kurden Khaled Kenjo. Dieser war nach seiner Abschiebung verhaftet und mißhandelt worden. Aufgrund seines Asylantrags in Deutschland wirft ihm die syrische Justiz das “Verbreiten falscher Informationen im Ausland” vor.
Während am Mittwoch syrische Kurden vor dem Bundestag gegen das Abschiebeabkommen protestierten, scheiterten die Anträge der Linken und Grünen bereits im Innenausschuß an den Stimmen der Koalitionsfraktionen sowie der SPD. Die FDP nannte zwar die Menschenrechtslage in Syrien “schwierig”, verwies aber auf die Möglichkeit von Einzelfallprüfungen. Die Unionsvertreter betonten die “überragende Bedeutung” des Abkommens “für eine glaubwürdige Ausländerpolitik”. Zynisch hieß es, daß ja momentan keine aus Deutschland abgeschobenen Personen in Syrien inhaftiert seien. Tatsächlich verweigert die syrische Seite bislang jede Auskunft über den Verbleib von Abgeschobenen, wie aus einem dem Bayerischen Flüchtlingsrat vorliegenden internen Dokument des Auswärtigen Amtes hervorgeht.