taz, 15.06.2009

Bayerns FDP gegen CSU-Flüchtlingspolitik

UNTERKÜNFTE Flüchtlinge protestieren gegen die umstrittenen Sammellager in Bayern - mit Erfolg

Noch vor wenigen Monaten hätten man in Bayern solche Forderungen wohl als Träumerei abgetan: „Lagerzwang abschaffen“, steht auf den Schildern der DemonstrantInnen, oder: „Recht auf Wohnung für alle“. So sind sie an diesem Samstag vor den Landtag gezogen, drei-, vierhundert Flüchtlinge und ihre UnterstützerInnen. Sie kämpfen für die Abschaffung der Sammelunterkünfte, in denen in Bayern über 7.400 Flüchtlinge unter wenig menschenwürdigen Bedingungen leben.

Die Chancen, die Asylunterkünfte abzuschaffen, sei gut wie nie, meint Martina Mauer vom Netzwerk „Deutschland Lagerland“. Unter dem Motto „Lagerschlussverkauf“ hat die Organisation in den vergangenen Tagen versucht, mit öffentlichen Aktionen Druck auf die Politik zu machen - und Martina Mauer ist sich sicher: „Es ist Bewegung in die Debatte gekommen.“

Die Grünen im bayerischen Landtag werden in dieser Woche einen Gesetzentwurf einbringen, der für die bayerische Flüchtlingspolitik nicht weniger wäre als eine Kehrtwende. Bislang behandelt kein Bundesland Flüchtlinge so schlecht wie Bayern. Nach dem Entwurf sollen Flüchtlinge nun nur noch in wenigen Fällen und für maximal 12 Monate in den umstrittenen Gemeinschaftsunterkünften wohnen müssen. Die Unterkünfte sollen in Zukunft eher Wohnheimen gleichen als Lagern.

„Der Gesetzentwurf der Grünen zwingt die anderen Parteien zum Handeln“ sagt Alexander Thal vom Bayerischen Flüchtlingsrat. Die Regierung aus CSU und FDP werde bald einen eigenen Vorschlag erarbeiten und am Ende müsse es einen Kompromiss geben, prophezeit Thal. Schon jetzt steht die CSU unter massivem Druck. Die FDP will die Wohndauer in den Asyllagern auf maximal ein Jahr beschränken. Man müsse endlich die Menschenwürde der Asylbewerber respektieren, fordert Brigitte Meyer, die sozialpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion. Sozialministerin Christine Haderthauer von der CSU will aber an der Lagerpflicht festhalten. Nur so sei eine umfassende Betreuung möglich, so Haderthauer. Deutschkurse bekommen die Asylbewerber in den Lagern keine. Dafür stellte Haderthauer kürzlich ein Projekt vor, bei dem Flüchtlinge den Umgang mit Solarkochern lernen sollen - damit sie sich in ihren Herkunftsländern besser versorgen können.

BERNHARD HÜBNER

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