Erlanger Nachrichten, 22.12.2011

Balleis will eine Entschuldigung

OB knüpft Gesprächsangebot an Bedingung — Kritik der GL

 

Die Stadt Erlangen will nun doch alle Flüchtlingsvertreter zu einem Gespräch bitten, die in einer Pressekonferenz die städtische Ausländerbehörde scharf angegriffen hatten. Oberbürgermeister Siegfried Balleis hat die Einladung allerdings mit einer Bedingung verbunden: Die Flüchtlingsvertreter sollen zuerst „ihr Bedauern“ darüber ausdrücken, dass sie den Namen eines Mitarbeiters der Ausländerbehörde öffentlich genannt hatten.

Das ist das Ergebnis eines zweistündigen Meinungsaustausches zwischen Oberbürgermeister Balleis, dem Vorsitzenden des Ausländer und Integrationsbeirates, José Luis Ortega, und Mitra Sharifi, der Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft der Ausländerbeiräte Bayerns (AGABY).

In einer Pressemitteilung teilten Balleis, Ortega und Sharifi zudem ihre gemeinsame „Überzeugung“ mit, „dass es in der Stadtverwaltung eine echte Willkommenskultur“ gegenüber Flüchtlingen geben müsse. Die neue Gesprächsrunde solle „schon bald Ruhe in die zum Teil sehr erhitzt geführte aktuelle Diskussion um drei Asylbewerberschicksale bringen“.

Alexander Thal, der Sprecher des Bayerischen Flüchtlingsrates, hat indessen in einer ersten Reaktion gegenüber den EN erklärt, dass er die von Balleis formulierte Bedingung „nicht erfüllen“ werde. Es sei das demokratische Recht, den Namen zu nennen — vor allem, wenn vorherige Gespräche über das Verhalten des Mitarbeiters gegenüber Flüchtlingen zu keiner Veränderung in der Praxis der Erlanger Ausländerbehörde geführt hätten.

Thal hatte (wie mehrfach berichtet) dem Mitarbeiter vorgeworfen, mit allen Tricks zu arbeiten, um Flüchtlinge an der Wahrung ihrer Interessen zu hindern. Thal wies in diesem Zusammenhang noch darauf hin, dass die Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen die Flüchtlingsvertreter eingestellt hat: Der kritisierte Mitarbeiter der Ausländerbehörde hatte Anzeige wegen Beleidigung erstattet.

Unterdessen kritisiert die Grüne Liste das Stadtoberhaupt: In seinen Aussagen im gestrigen EN­Interview zeige „die Stadtspitze bisher leider keine Bereitschaft, sich inhaltlich mit den in der Pressekonferenz und auch anderweitig erhobenen Vorwürfen auseinanderzusetzen“.

Die Grüne Liste geht in ihrem offiziellen Stadtratsantrag, der von der Vorsitzenden Susanne Lender-Cassens und Stadtrat Wolfgang Winkler unterschrieben ist, noch weiter und erhebt selbst Vorwürfe gegen das städtische Ausländeramt: „Wir wissen, dass die Erlanger Behörde bei Betroffenen besonders ,gefürchtet‘ ist. Auch uns sind weitere Fälle bekannt, bei denen in Erlangen mit großer Härte vorgegangen wurde.“ Die Grüne Liste will deshalb das Thema auf die Tagesordnung des Haupt- und Finanzausschusses und des Stadtrates bringen. Dort sollen dann der Ausländerbeirat und die Flüchtlingsvertreter Rederecht erhalten.

Ralf H. Kohlschreiber

Quelle: Erlanger Nachrichten

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