Mainpost, 13.07.2012

Aub: Flüchtlinge denken an Hungerstreik

Nach acht Tagen auf dem Marktplatz geben die elf Männer eine zweite Erklärung ab


Seit acht Tagen protestieren in Aub elf Flüchtlinge aus dem Irak, Iran und Afghanistan. Schichtweise sitzen sie 24 Stunden in ihrem dünnen Partyzelt auf dem Auber Marktplatz. Hier suchen sie nach Aufmerksamkeit für ihre Anliegen. Und sie hoffen, dass sie gehört werden. Doch bislang haben politisch Verantwortliche nicht auf ihre acht Forderungen reagiert. Bleibt dies so, wollen die Auber Flüchtlinge am Montag entscheiden, ob sie einen Hungerstreik beginnen.

Die jungen Männer haben sich Beschäftigungen gesucht. Einer lernt Deutsch. Ein anderer löst Kreuzworträtsel. Manche schlafen, telefonieren oder surfen im Internet. Arbeiten dürfen sie ja nicht, was sie unter anderem auch kritisieren. In ihrem Acht-Punkte-Katalog haben sie grundsächliche Forderungen aufgestellt.

So möchten sie, dass alle Abschiebungen gestoppt, alle „Lager“ geschlossen, Essenspakete abgeschafft und Arbeitserlaubnisse nach einem Jahr erteilt werden. Auch wollen sie uneingeschränkt reisen dürfen. Bislang dürfen sie sich nur in einem Gebiet im Umkreis von 40 Kilometern aufhalten und – das ist eine ihrer wesentlichen Forderungen – eine feste Frist, in der das Bundesamt über ihren Antrag entscheidet.

Ein kräftiger Wind bläst. Schnell stehen die Männer auf und halten die leichten Zeltstangen fest. Die Plane hat schon ein paar Blessuren. „Eine ältere Dame hat uns Kleber geschenkt, damit wir die Löcher flicken können“, erzählt Ashkan Karasoni.

Überhaupt seien die Auber sehr freundlich zu ihnen, berichtet er. Kritische Stimmen wie zu Anfang ihres Protests würden sie jetzt immer seltener hören. „Wenn wir es schaffen, mit den Leuten ins Gespräch zu kommen und ihnen unsere Situation erklären können, dann verstehen sie auch, warum wir hier protestieren“, sagt Kharasoni.

Im Zelt ist gerade Frank Rittwagen. Ihm gehört das Haus nebenan. Der Geigenbaumeister – die meiste Zeit lebt er in Berlin – hat Verständnis für die Situation der Asylbewerber. „Ich habe das Gefühl, dass auf perfide Art den Menschen – gerade in Bayern – das Asylverfahren so schwer gemacht wird, wie nur möglich“, sagt er. „Das ist einfach nur unmenschlich, dass sich die Anerkennung so lange hinzieht.“

„Wir haben die Katastrophe überlebt und sind in die nächste geraten“, heißt es in der zweiten Stellungnahme der Auber Asylbewerber. Darin schildern sie den Fall von Azad Khodamoradi in Tirschenreuth. Hier habe ein 25 Jahre alter Mann aus dem Iran nach sechs Tagen Hungerstreik versucht, sich mit Tabletten umzubringen.

Denn seit seiner Anhörung vor 19 Monaten ließen ihn die Behörden bis heute im Unklaren. Seitdem liege er bewusstlos auf einer Intensivstation. „Wir kämpfen für das Recht aller Flüchtlinge, um so eine menschenwürdige Situation zu verändern“, heißt es in der Stellungnahme der Auber Flüchtlinge.

Und Ashkan Kharasoni stellt noch einmal klar: „Wir protestieren nicht gegen Aub oder die Menschen, die hier leben. Wir protestieren gegen die Asylpolitik in diesem Land.“ Und sie sind nicht allein. In Würzburg und Bamberg haben sie Mitstreiter. „Und seit gestern auch in Regensburg, Düsseldorf und Bramsche“, so Kharasoni.

Thomas Fritz

Quelle: Mainpost

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