Main Post, 03.08.2011
Asylkompromiss wird Gesetz
Mehr als ein Jahr nach der Einigung von CSU und FDP beschließt Regierung Neuregelung
Nach einem gut einjährigen internen Tauziehen gießt die Staatsregierung nun den im Juli 2010 zwischen CSU und FDP im Landtag ausgehandelten bayerischen Asylkompromiss doch noch in Gesetzesform. Die neue Regelung sieht vor allem eine Lockerung der zum Teil jahrelangen Zwangsunterbringung von Flüchtlingen in sogenannten Gemeinschaftsunterkünften (GU) vor. Die Zustände dieser Einrichtungen – darunter auch der in einer ehemaligen US-Kaserne untergebrachten GU bei Würzburg – hatten in der Vergangenheit immer wieder für Kritik gesorgt.
Künftig sollen vor allem Familien und Alleinerziehende in eine eigene Wohnung umziehen können, wenn ihr Asylantrag abgelehnt wurde, eine Abschiebung aus rechtlichen oder faktischen Gründen nicht möglich ist. Dies ist unter anderem dann der Fall, wenn die Flüchtlinge aus Ländern kommen, in denen Bürgerkrieg herrscht oder das Herkunftsland aufgrund fehlender Dokumente die Aufnahme verweigert.
Alle anderen Flüchtlinge sollen nach vier Jahren aus den Unterkünften ausziehen können – sofern sie in Deutschland nicht straffällig geworden sind oder im Asylverfahren über ihre Identität getäuscht haben. Auch Verstöße gegen das Ausländerrecht können demnach künftig einen Auszug verhindern.
Bereits jetzt sind in Bayern laut Sozialministerin Christine Haderthauer (CSU) rund 9000 abgelehnte Asylbewerber in Privatwohnungen untergebracht. Die Genehmigung dafür erfolgte bisher allerdings nach einer Einzelfallprüfung durch die für die Asylunterbringung zuständigen Bezirksregierungen. Flüchtlingsorganisationen hatten deshalb immer wieder über Willkür und unterschiedliche Standards geklagt. „Nun wird der Auszug für klar definierte Gruppen zur Regel“, erklärte die Ministerin nach einer Sitzung des Kabinetts in München. Die Gesetzesänderung trage damit „zur Rechtsklarheit und Rechtssicherheit“ bei.
Die Staatsregierung rechnet durch die Unterbringung in Privatwohnungen nicht mit nennenswerten Zusatzkosten für den Staatshaushalt: Durch den anhaltend hohen Flüchtlingsdruck sei nämlich davon auszugehen, dass in den Gemeinschaftsunterkünften „jeder durch Auszug freiwerdende Platz unverzüglich nach belegt werden“ kann, heißt es in dem Gesetzentwurf. Mehrbelastungen durch Leerstände der zum Teil langfristig gemieteten Objekte seien deshalb nicht zu erwarten.
Ohnehin rechnet die Ministerin nicht mit vielen Auszügen, weil die neuen Regeln aufgrund einer Anordnung aus ihrem Haus „bereits seit April so vollzogen werden“. Das neue Gesetz soll ab März 2012 gelten. Laut Haderthauer wohnen derzeit 9325 Flüchtlinge in den 116 bayerischen Asylunterkünften.
Die lange Umsetzungsdauer des Asylkompromisses erklärte Haderthauer vor allem mit rechtlichen Bedenken der Bezirksregierungen und des für die Abschiebung zuständigen Innenministeriums. „Die Zusammenarbeit war nicht unkompliziert, aber letztlich sehr harmonisch“, so Haderthauer.
Allein die Dauer der Verhandlungen zeige aber, „dass gegenwärtig nicht mehr möglich war“, sagte die FDP-Sozialexpertin Brigitte Meyer. Man müsse aber „auch die kleinen Erfolge anerkennen“. Kritik kam dagegen von der Opposition im Landtag und von Flüchtlingsverbänden: Viele Flüchtlinge müssten auch in Zukunft unter schwierigen Bedingungen jahrelang in den Unterkünften bleiben. Die neue Lösung sei deshalb „absolut unbefriedigend“, findet Alexander Thal vom Bayerischen Flüchtlingsrat: „Dabei hätte Bayern alle Ermessensspielräume, die Lagerpflicht abzuschaffen.“
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