Nürnberger Zeitung, 04.12.2010

"Asylbewerber missbrauchen das Gastrecht"

Haderthauer legt nach - Opposition protestiert


Die Mehrheit der Asylbewerber missbrauche das deutsche Gastrecht - mit dieser Äußerung hat Sozialministerin Haderthauer erneut massiv Kritik auf sich gezogen. «Billige Polemik» und sogar das Schüren von Ausländerfeindlichkeit wirft die Opposition der Ministerin vor.

Sozialministerin Christine Haderthauer (CSU) hat im Streit um die Unterbringung von Asylbewerbern nachgelegt - und damit erneut wütende Proteste ausgelöst. In der «Süddeutschen Zeitung» (Freitag) warf sie der Mehrheit der Asylbewerber vor, die deutsche Gastfreundschaft zu missbrauchen. «Ich habe harte Zahlen für diese Behauptung», sagte sie. «Mehr als zwei Drittel der Antragsteller missbrauchen unser Gastrecht.» Diejenigen, die kein Bleiberecht hätten und bei denen kein Abschiebehindernis bestehe, könne sie nicht aus den Gemeinschaftsunterkünften ausziehen lassen, fügte die CSU-Politikerin hinzu.

Am Vortag hatte Haderthauer mit Kritik auf sich gezogen, indem sie sagte: «Wer mit den Leistungen in Deutschland nicht zufrieden ist, kann jederzeit zurück.» Da protestierte sogar der Koalitionspartner FDP.

Am Freitag reagierten vor allem die Grünen mit scharfer Kritik. «Anstatt Flüchtlinge des Asylmissbrauchs zu beschuldigen, sollte Frau Haderthauer klären, weshalb die Menschen immer noch in Massenunterkünften auf viel zu engem Raum leben müssen und es keine Aussicht auf Besserung ihrer Lebensumstände gibt», sagte Bundeschefin Claudia Roth. «Mit ihren Angriffen und Beschuldigungen auf Menschen in Not versucht Haderthauer, ihr eigenes Versagen zu kaschieren.»

Die Grünen und der Bayerische Flüchtlingsrat halten Haderthauer teils unhaltbare Zustände in den Gemeinschaftsunterkünften vor. «Bayern isoliert die Flüchtlinge und Asylbewerber in alten und baufälligen Gebäuden. Bis zu acht Personen müssen sich dabei ein Zimmer teilen, die hygienischen Einrichtungen in den Massenunterkünften sind mangelhaft», klagte Roth. In Augsburg beispielsweise müssten sich 80 Menschen vier Toiletten teilen.

Haderthauer sagte der «SZ»: «Es gibt sehr gute Unterkünfte und welche, die noch ein bisschen Nachholbedarf haben.» Es seien Haushaltsmittel angemeldet, um die Unterkünfte «nach und nach anzupassen». Das gehe aber nicht von heute auf morgen.

Die Landtags-SPD warf Haderthauer «billige Polemik» vor. Die SPD- Sozialexpertin Angelika Weikert forderte die CSU-Politikerin auf, ihre Aufgaben als Sozialministerin wahrzunehmen und nicht die Rolle einer zweiten Innenministerin zu spielen. Das Sozialministerium sei für die Aufnahme, die landesweite Verteilung sowie die Unterbringung und soziale Versorgung der Asylbewerber zuständig, betonte sie.

«Die Aussage, zwei Drittel der Flüchtlinge würden unser Gastrecht missbrauchen, schürt Ausländerfeindlichkeit und ist auch sachlich unkorrekt», sagte Weikert zudem. Denn auch wenn nur etwa ein Drittel der Flüchtlinge, die nach Bayern kommen, einen rechtlichen Aufenthaltsstatus erhielten, gebe es viele, die auch aus politischen Gründen nicht in ihre Heimat zurückgeschickt werden könnten.

Quelle: Nürnberger Zeitung

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