Main-Echo, 29.03.2012

Asylbewerber kämpfen weiter

Hungerstreik: Coburger Landrat will am Sonntag seine Pläne zur Abschaffung der Gemeinschaftsunterkünfte vorstellen

Auf einer Tafel neben dem Zelt dokumentieren die Asylbewerber ihren Hungerstreik vor dem Würzburger Rathaus. Foto: Ralph Bauer


Zehn Tage nach Beginn ihres Hungerstreiks zeigen sich die iranischen Asylbewerber vor dem Würzburger Rathaus kämpferisch. »Wir machen weiter und schreiben Briefe bis ganz nach oben«, bekräftigt Hassan Hosinzadeh. Konkret werde man sich an den bayerischen Innenminister, den Bundesinnenminister, die Bundeskanzlerin und das Europäische Parlament wenden. Ziel ist (wie berichtet) die Anerkennung als Asylbewerber in Deutschland.

Offenen Brief übergeben

Einen offenen Brief der zehn Männer übergab die Grünen-Landtagsabgeordnete Simone Tolle am Dienstag in München an Sozialministerin Christine Haderthauer (CSU). Diese lehnt in einer Antwort einen Besuch bei den Hungerstreikenden und der Gemeinschaftsunterkunft Würzburg ab.

»Ein Anlass für eine Überprüfung durch das Sozialministerium oder für einen Besuch vor Ort wäre gegeben, wenn Anhaltspunkte für ein aufsichtsrechtliches Einschreiten gegen die Regierung von Unterfranken vorlägen. Dies ist nicht der Fall und wird auch von Ihnen nicht behauptet«, argumentiert die Ministerin. Im Übrigen sei nicht sie zuständig, sondern die Bundesbehörden.

Um die medizinische Überwachung der Hungerstreikenden kümmert sich Dr. Rainer Schohe. »Vom Kreislauf her sind sie stabil, aber man merkt schon, dass das Ganze an ihnen zehrt«, umreißt er die Situation. Einige hätten augenscheinlich Gewicht verloren, bei anderen gebe es Augenprobleme sowie Kopf- und Bauchschmerzen.
Fünf Männer trinken nach seinen Angaben derzeit nur Wasser, die anderen nehmen auch Tee und Säfte zu sich. »Wenn das wegfällt, wird es kritisch«, kommentiert der Allgemeinarzt. Eigentlich habe er nur bis Dienstag die Hungerstreikenden betreuen sollen, doch die Ärztin, die als Ablösung angekündigt war, sei nicht gekommen.

»Ab Sonntag wird ein iranischer Kollege übernehmen«, fügt er an. Bis dahin schaut Schohe täglich nach dem Gesundheitszustand der Flüchtlinge, darüber hinaus ist er »auch nachts« telefonisch erreichbar. Wenn die jungen Menschen solch einen Schritt gingen, dann müsse auch jemand für die medizinische Überwachung sorgen, erklärt er seine Motive.

Dabei seien die Untersuchungsmöglichkeiten beschränkt, Blutproben etwa nicht möglich. »Wir wollen aber wenigstens versuchen, die Untersuchungssituation etwas zu verbessern und haben deshalb bei der Stadt einen Krankentransporter ohne Personal beantragt«, sagt Schohe. »Denn hier im Zelt ist ja keinerlei Privatsphäre da.«

Unterstützung bekommen die Hungerstreikenden immer mehr auch aus der Politik. Die grüne Jugend und die jungen Liberalen in Bayern kritisierten am Dienstag scharf die aktuelle Situation der Asylbewerber: »Es sind miserable und psychologisch schwer belastende Umstände, mit denen Menschen konfrontiert werden, die in letzter Zeit - etwa aus dem Iran aus Angst vor politischer Verfolgung - in Bayern Asyl suchen.« Sie fordern unter anderem eine bessere Unterbringung mit sozialpädagogischer Betreuung von Anfang an, eine Abschaffung der Residenzpflicht sowie die finanzielle Unabhängigkeit der Asylbewerber statt Sachmittel. Für Sonntag hat sich der Coburger Landrat Michael Busch (SPD) angekündigt, er will seine Pläne zur Abschaffung der Gemeinschaftsunterkünfte vorstellen.

Ein Ende des Hungerstreiks ist - auch aus medizinischen Gründen - nicht in Sicht. »Wenn sie weiter Wasser trinken, ist er eine ganze Weile möglich«, sagt Schohe.

Ralph Bauer

Quelle: Main-Echo (Aschaffenburg)

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