Abendzeitung München, 23.06.2013

Asylbewerber: Hungerstreik am Rindermarkt

Lager der Verzweifelten: 50 Menschen wollen mitten in der City ihren Asyl-Status erzwingen

Hungestreik am Rindermarkt. Foto: Gregor Feindt


Der Kontrast könnte kaum größer sein. Aus den Lautsprechern dröhnt „Deutschland tanzt von allein”, fröhliche, verschwitzte Stadtlauf-Teilnehmer in weiß-orangenen T-Shirts streben zu den Zelten rund um den Rindermarkt, um sich umzuziehen. Mitten auf dem Platz aber steht ein Kreis von Transparenten, dahinter sitzen und liegen etwa 50 Menschen, die mit einem Hungerstreik ihr Recht auf Asyl in Deutschland erstreiken wollen.

Einer, der streikt, ist Didarnoor S. Der 28-jährige Maler und Verputzer aus dem Norden des Iraks ist seit fünf Jahren hier. Und wartet noch immer auf seine Anerkennung als politischer Flüchtling.

Er habe Probleme mit der Politik gehabt, erklärt der junge Kurde. Probleme, die ihn dazu zwangen, seine Heimatstadt Shaqlawa zu verlassen. Details will er nicht nennen. Sein Gesicht verbirgt er hinter einer Sonnenbrille. „Zurück kann ich nicht, das wäre zu gefährlich für meine Familie.” Der hatte er damals nichts von seinen Flucht-Plänen erzählt.

Didarnoor und die anderen im Hungerstreik fordern „unsere Anerkennung als Asylsuchende”. „Die deutsche Regierung hat nur drei Tage, um dieser Forderung nachzukommen”, heißt es. Das klingt verzweifelt. Deutschland und Europa seien als ehemalige Kolonialmächte und als Waffenlieferanten in der moralischen Pflicht, jene aufzunehmen, die auch auf Grund ihrer Politik zu Flüchtlingen wurden.

Warum der Hungerstreik in München? Die Antwort weiß Sprecher Omid: „In Bayern ist es besonders schlimm. Schlimmer als in anderen Bundesländern.” Damit spielt er auf die bayerische Praxis an, Essenspakete statt Taschengeld auszugeben und Asylbewerber in Gemeinschaftsunterkünften unterzubringen, die von den Betroffenen oftmals als „Lager” empfunden werden.

Didarnoor ist in Würzburg untergebracht: „Ich möchte Arbeit, zur Schule gehen können und Freiheit.” Seit fünf Jahren lebt er in der Ungewissheit, in der Anspannung, möglicherweise noch abgeschoben zu werden: „Meine Haare, mein Bart sind schon weiß geworden.” Wie lang wird er seinen Hungerstreik auf dem Rindermarkt fortsetzen? „Bis ich tot bin.” Es sei denn, die deutschen Behörden lenken ein.

John Schneider

Quelle: Abendzeitung München

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