Münchner Merkur, 05.12.2012

Asylanträge von Roma: Flüchtlingsrat kritisiert Eilverfahren

Ablehnender Bescheid erfolge meist nach kürzester Zeit — Innenminister Herrmann bestätigt: Anerkennungsquote „praktisch bei Null“


Wenn Roma aus Serbien oder Mazedonien in Deutschland einen Asylantrag stellen, würden diese Anträge meist als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt. Das sagte Rechtsantwalt Hubert Heinhold gestern bei einer Pressekonferenz des Bayerischen Flüchtlingsrats. Diese Eilverfahren kritisiert der Flüchtlingsrat und fordert, jeden Antrag sorgfältig zu prüfen.

Hubert Reinhold vertritt die Mazedonin Selma Demirova (Name geändert) vor Gericht. Mit ihrer Familie ist sie im Juni geflohen. Selma Demirova erzählt mit leiser Stimme von dem Tag, als Schutzgelderpresser in ihre Wohnung in Mazedonien kamen. „Sie haben uns angegriffen, weil wir Roma sind.“ Die Männer hätten ihren 16-jährigen Sohn geschlagen und sie vor dessen Augen vergewaltigt. Die Polizei, so Demirova, half ihr nicht - und wollte ihren Sohn ins Gefängnis stecken.

Das war der Grund zur Flucht. In Deutschland stellten sie einen Antrag auf Asyl. Die Familie wurde zu einer Anhörung geladen. „Dann ging alles ganz schnell“, sagte Heinhold. „Der Asylantrag des Vaters wurde am Tag der Anhörung abgelehnt, der der Mutter und des Sohnes zwei Tage später.“ Bei nahezu allen Roma aus Serbien und Mazedonien werde das derzeit so gehandhabt, so der Anwalt.

In anderen europäischen  Ländern liege die Anerkennungsquote bei zwei bis drei Prozent, erläuterte Alexander Thal, Sprecher des Flüchtlingsrats. „Die Sammellager voll, die Behörden wissen nicht wohin mit neuen Flüchtlingen.“ Thal kritisierte Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) und seinen bayerischen Kollegen Joachim Herrmann (CSU): „Beide sagen, die Roma würden nur behaupten, verfolgt zu werden, um bei uns das Asylrecht zu missbrauchen.“

Joachim Herrmann bestätigte, dass die Anerkennungsquote „praktisch bei Null“ liege. Die Zahl der Asylbewerber aus Mazedonien und Serbien – von Roma habe er nie gesprochen – sei seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, nach der Geldleistungen für Asylbewerber deutlich erhöht werden müssen, drastisch gestiegen. „Das ist für mich ein klarer Hinweis, dass diese Menschen nicht wegen asyl-relevanter Verfolgung Asyl beantragen, sondern in unsere Sozialsysteme flüchten.“

Heinhold räumte zwar ein, dass es durchaus solche Fälle gebe. „Aber man darf nicht von einzelnen auf alle schließen. Jeder Flüchtling hat das Recht auf ordentliche Prüfung.“ Für die Familie Demirova hat er nun einen Eilantrag gestellt. Jetzt entscheidet ein Gericht, wie es weiter geht

Patricia Kämpf

Quelle: Münchner Merkur

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