Mainpost, 25.04.2009

Asyl-Unterkunft: Ministerin greift in Würzburg ein

Haderthauer sieht Regierung gefordert

Wer ist verantwortlich für die schlechten Zustände in der Würzburger Asylbewerber-Unterkunft? Bayerns Sozialministerin Christine Haderthauer (CSU) hat den Schwarzen Peter der Regierung von Unterfranken zugeschoben. Die soll handeln.

Eine Ex-Kaserne aus den 30er-Jahren an der vierspurigen Bundesstraße: Hinter Stacheldraht sind derzeit rund 450 Flüchtlinge aus 35 Ländern einquartiert. Besser gesagt: zusammengepfercht. Sechs-Mann-Zimmer sind keine Seltenheit. 80 Leute teilen sich einen Duschraum. Für viele Familien muss ein Zimmer reichen. Spannungen und Konflikte sind programmiert. Das erleben Sozialarbeiter tagtäglich. Vor allem die Kinder tun ihnen leid: In solchem Milieu aufzuwachsen, mache krank und schaffe soziale Probleme. Wiederholt war die Gemeinschaftsunterkunft (GU) kritisiert worden, war Gegenstand unserer Berichterstattung. Rufe nach Verbesserung verhallten bis dato ungehört.

Unterschiede im Vollzug

Jetzt ist ein Stimmungswandel spürbar. Politiker interessieren sich plötzlich für die Einrichtung. Und jeder, der ihr einen Besuch abgestattet hat, äußert sich betroffen. Nach der Expertenanhörung am Donnerstag im Landtag (wir berichteten) scheint auch Bayerns Sozialministerin die Situation in der Asylbewerber-Kaserne klar geworden zu sein. Gegenüber den „Tagesthemen“ räumte sie ein, dass das Würzburger Beispiel „zum Handeln auffordert“. Sie wolle sich einsetzen, dass Sammelunterkünfte dieser Art der Vergangenheit angehören. Von einer Verkleinerung mit dem Ziel der Schließung, wie sie der Stadtrat im März gefordert hat, sprach sie nicht. Noch nicht.

Die Ursache der Würzburger Missstände sucht Haderthauer bei der Regierung von Unterfranken. Der Vollzug der Asyl-Unterbringung werde in Bayern sehr unterschiedlich gehandhabt. Selbst innerhalb der Bezirke. Während die Ministerin für Würzburg Verbesserungen anmahnt, lobt sie das Flüchtlingsquartier in Kitzingen. Wobei die Dimensionen nicht vergleichbar sind. Statt 450 Menschen in einer Kaserne sind in Kitzingen aktuell 36 Personen in einem Mietshaus mit 60 Plätzen untergebracht. Diese Zahlen nannte am Freitag Johannes Hardenacke, Sprecher der Regierung von Unterfranken. Die Kritik der Ministerin wollte er nicht kommentieren. „Das verbietet sich als nachgeordnete Behörde.“

„Nach bestem Gewissen betrieben“

Die Regierung habe die Würzburger GU mit einer Kapazität für 700 Personen in den vergangenen Jahren „nach bestem Gewissen und den Möglichkeiten einer früheren Kaserne“ betrieben, sagte er auf Anfrage. Die Unterbringung sei nicht menschenunwürdig, wie vom Flüchtlingsrat beklagt. Man halte sich an die rechtlichen Vorgaben. „Wenn die Richtlinien zur Unterbringung geändert werden, sind wir die Ersten, die das vollziehen“, so Hardenacke.

Die Sozialministerin drängt nun auf ein Gesamtkonzept mit einheitlichen Standards. Deshalb habe sie die Regierungspräsidenten zu einem Gespräch eingeladen, hieß es am Freitag aus dem Ministerium. Für den Fall der Würzburger GU „wurde die Regierung von Unterfranken darum gebeten, schnellstmöglich Verbesserungen vorzunehmen“, wird Haderthauer zitiert. Sie denke an eine bauliche Instandsetzung, zum Beispiel im sanitären Bereich. Aber auch eine Entspannung bei der Raumsituation solle herbeigeführt werden.

Stadt: ungerechte Verteilung

Familien, deren Asylverfahren erst teilweise abgeschlossen sind, sollen künftig in Privatunterkünfte umziehen dürfen. Der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege dürfte das nicht weit genug gehen. Sie fordern unter anderem, die Wohnpflicht in der GU auf ein Jahr zu begrenzen und Zimmer nicht mit mehr als zwei Personen zu belegen. Auch die Stadt Würzburg ärgert sich über zentrale Unterbringung. Sie kostet die Kommune rund 300 000 Euro im Jahr. „Eine gerechte landesweite Verteilung ist nicht gegeben“, stellte Sozialreferent Robert Scheller in München fest.

Andreas Jungbauer

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