Frankenpost, 17.11.2010
Asyl für Asylbewerber
Ihre Unterkunft in Coburg ist menschenunwürdig, sagt der Flüchtlingsrat. 40 Menschen sollen in Kulmbach eine Bleibe finden.
In der Coburger Uferstraße sind rund 40 Asylbewerber offenbar so miserabel untergebracht, dass sie wohl schon bald in Kulmbach "Asyl" erhalten sollen. Die Regierung von Oberfranken lässt derzeit das vor drei Jahren als Wohnheim stillgelegte ehemalige DGB-Haus renovieren. Wenn die vor allem aus Schwarzafrika stammenden Flüchtlinge zustimmen, könnte Kulmbach schon ab Mitte Dezember ihre neue Bleibe werden, bis darüber entschieden worden ist, ob diese Menschen dauerhaft in Deutschland bleiben dürfen oder in ihre Heimat zurück müssen.
Die Wogen schlagen hoch in Coburg, seit die schlimmen Zustände bekannt wurden, unter denen die rund 40 Männer in der Uferstraße leben: Das Dach ist undicht, Kabel liegen offen, es gibt viel zu wenige Toiletten und Duschen und das Haus sei Wohnstätte von Kakerlaken. Der Bayerische Flüchtlingsrat hat sich nach einem Besuch vor Ort hilfesuchend an den Landtag gewandt. Am Dienstag war daraufhin zwar bereits der Kammerjäger wegen des Ungeziefers im Einsatz. Die grundlegende Renovierung steht noch aus. Währenddessen kann möglicherweise das Heim in Coburg nicht bewohnt werden. Jetzt wird den dortigen Asylbewerbern ein Umzug noch im Dezember nach Kulmbach offeriert.
Das ehemalige DGB-Haus in der Pestalozzistraße in Kulmbach war jahrelang ein Asylbewerberheim, bevor es vor rund drei Jahren geschlossen wurde. Die Zahl der Flüchtlinge war so stark zurückgegangen, dass in Kulmbach fast alle Gemeinschaftsunterkünfte geschlossen werden konnten. Nur im ehemaligen Gebäude der Polizei in der Hans-Planck-Straße leben bis heute 36 Flüchtlinge aus unterschiedlichen Ländern.
Zahl der Flüchtlinge steigt
Doch inzwischen steigt die Zahl der Flüchtlinge wieder, die in Deutschland Schutz und Obdach suchen. Um bis zu 25 Prozent mehr Menschen als noch im Vorjahr bitten derzeit um Asyl, berichtet Hans Hümmer, unter anderem Bereichsleiter für das Flüchtlingswesen an der Regierung für Oberfranken. "Wir suchen wieder neue Unterkünfte und sind gezwungen, Platz zu schaffen. Dabei reaktivieren wir momentan auch zwischenzeitlich dicht gemachte Einrichtungen." Unter anderem sei man so auf das DGB-Haus in Kulmbach gestoßen, das derzeit renoviert und dann als Gemeinschaftsunterkunft wieder in Betrieb genommen werden soll. Bis zu 40 Menschen sollen dort Unterkunft finden.
Nachdem das von der Regierung bei einem privaten Investor angemietete Gebäude in Kulmbach schon bald bezogen werden kann, biete es sich an, als erstes den Flüchtlingen aus Coburg dort Unterkunft anzubieten, so Hans Hümmer. Das Gebäude stehe Mitte Dezember zur Verfügung und jetzt wurden die Coburger Asylbewerber gefragt, ob sie nach Kulmbach umsiedeln wollen: "Wenn die allerdings sagen, wir nehmen die Sanierung, die in Coburg jetzt ansteht, in Kauf, dann werden wir die Leute nicht zum Umzug zwingen."
Ob nun die Menschen aus Coburg kommen oder als frisch eingereiste Asylsuchende dem reaktivierten Heim in Kulmbach zugewiesen werden, spielt letztlich keine Rolle. Ab Mitte Dezember wird die Gemeinschaftsunterkunft in der Pestalozzistraße wieder geöffnet. Der Platz wird gebraucht. Aus allen Brennpunkten der Welt, vor allem aber aus Somalia, dem Irak, dem Kosovo, aus Serbien und Afghanistan, kommen derzeit vermehrt Menschen nach Deutschland und bitten um Aufnahme, weil sie in ihren Heimatländern nicht sicher sind.
816 Flüchtlinge sind derzeit in Oberfranken - verteilt auf zehn Gemeinschaftsunterkünfte - untergebracht, berichtet Hans Hümmer. Damit seien die vorhandenen Plätze in der Region nahezu ausgebucht, seit die Flüchtlingszahlen wieder steigen. Der bisher niedrigste Stand sei bei rund 600 gelegen.
Ein verbrieftes Recht
Er sei durch den Regierungspräsidenten am Montag informiert worden, dass den Coburger Asylbewerbern das Angebot unterbreitet worden sei, nach Kulmbach zu ziehen, sagte Oberbürgermeister Henry Schramm gegenüber der Frankenpost. Dies habe er zur Kenntnis genommen. "Das Asylrecht ist ein verbrieftes Recht für Menschen, die in ihrem Heimatland verfolgt werden." Der Asylgrund müsse geprüft werden und in dieser Zeit müssten die Menschen ja irgendwo untergebracht werden. "Dafür steht unsere Stadt ebenso zur Verfügung wie jede andere Stadt auch", betonte Schramm und erinnerte daran, dass es auch in Deutschland eine Zeit der Verfolgung und Vertreibung gegeben habe und dass auch diese Menschen dankbar gewesen seien, wenn sie Obdach erhalten hätten.
Von Melitta Burger
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