Nürnberger Nachrichten, 15.12.2010
Asyl-Debatte: Haderthauer legt nach
Staatsregierung und Opposition liefern sich im Landtag heftigen Schlagabtausch
Es sind harsche Worte, die im Landtag zwischen Regierung und Opposition hin- und herflogen. Schäbig, rechtspopulistisch, perfide – derlei Vorwürfe muss sich Sozialministerin Haderthauer von der Opposition anhören. Sie weist die Kritik entschieden zurück.
Staatsregierung und Opposition haben sich im Landtag einen heftigen Schlagabtausch über die Asylpolitik im Freistaat geliefert. Vor allem die Grünen und die SPD griffen die CSU und Sozialministerin Christine Haderthauer scharf an. In der CSU gebe es einen grassierenden Virus namens Rechtspopulismus, kritisierte die Grünen-Sozialexpertin Renate Ackermann in der Debatte am Mittwoch. Es sei perfide, Asylbewerber so hinzustellen, als missbrauchten sie das deutsche Gastrecht. Grünen-Fraktionschefin Margarete Bause beklagte, Haderthauer und die CSU rückten mit ihrer Wortwahl gefährlich nahe an die Sprache von Rechtsextremen heran. Angelika Weikert (SPD) hielt der Ministerin vor: „Sie schüren damit Ausländerfeindlichkeit.“
Haderthauer wies die Vorwürfe zurück und warf der Opposition im Gegenzug eine Verdrehung der Tatsachen vor. Man müsse unterscheiden zwischen denjenigen Asylbewerbern, die tatsächlich Schutz bräuchten, und denjenigen, denen das Recht auf Asyl nicht zustehe. Man müsse sehr genau differenzieren, dürfe nicht alle über einen Kamm scheren. Sie erneuerte aber ihren Vorwurf, dass abgelehnte Asylbewerber, die ausreisepflichtig seien, das deutsche Gastrecht missbrauchten. Für diese Menschen stünden keine Steuergelder bereit. „Und das muss man auch mal deutlich sagen dürfen“, betonte sie. Haderthauer hatte die Diskussion über die Asylpolitik Anfang Dezember kräftig angeheizt. Da sagte sie über Asylbewerber unter anderem: „Mehr als zwei Drittel der Antragsteller missbrauchen unser Gastrecht.“ Zudem sagte sie: „Wer mit den Leistungen in Deutschland nicht zufrieden ist, kann jederzeit zurück.“
Massive Kritik auch vom Koalitionspartner
Damit zog die Ministerin massiv Kritik auf sich – auch vonseiten des Koalitionspartners FDP. Die FDP-Sozialexpertin Brigitte Meyer verzichtete am Mittwoch auf neuerliche Kritik an Haderthauer. Sie warnte aber davor, von vornherein immer wirtschaftliche Gründe für die Flucht aus den Heimatländern zu vermuten. Zudem warf Meyer die Frage auf, ob nicht auch abgelehnte Asylbewerber bessere integriert werden sollten. Das lehnt der Koalitionspartner CSU entschieden ab. Hintergrund ist, dass zwar in diesem Jahr in Bayern 74,1 Prozent der Erstanträge auf Asyl abgelehnt wurden. Viele abgelehnte Bewerber bleiben aber trotzdem noch lange in Deutschland – etwa, weil sie aus verschiedenen Gründen nicht in ihre Heimat abgeschoben werden können. Die Opposition warf Haderthauer deshalb vor, mit falschen Zahlen zu operieren und nur die Zahl der Erstanträge zu berücksichtigen.
Das aber sei eben nur die halbe Wahrheit, argumentierten die Grünen-Politikerin Ackermann und ihre SPD-Kollegin Weikert. „Die Menschen, die zu uns kommen, sind nicht Täter und missbrauchen nicht unser Gastrecht – sie sind Opfer“, betonte Weikert. Es sei deshalb auch „schäbig“, von einem Missbrauch des Gastrechts zu sprechen. Die Opposition beklagt zudem seit langem unhaltbare Zustände in vielen bayerischen Asylbewerberunterkünften. Es gebe vielerorts „erheblichen Sanierungsbedarf“, betonte Weikert. Haderthauer räumte ein, unter den insgesamt 104 Gemeinschaftsunterkünften seien schon einige, bei denen es „Nachholbedarf“ gebe. Es gebe aber die „ganz klare Anweisung“, dass notwendige Reparaturen und Sanierungen angepackt werden. Sie wolle bayernweit einheitliche Standards. Gegenüber Asylbewerbern, die aus Protest die Annahme von Essenspaketen verweigern, blieb Haderthauer unnachgiebig. „Der Freistaat Bayern lässt sich nicht durch die Verweigerung von Essenspaketen erpressen“, betonte die Sozialministerin.
Quelle: Nürnberger Nachrichten