Süddeutsche Zeitung, 02.08.2011

Angst vor der Abschiebung

Minderjähriger Flüchtling aus Stadelheim entlassen

 

Aus Somalia kommt derzeit eine Schreckensmeldung nach der anderen, das Land leidet unter einer schweren Dürre, Millionen Menschen sind vom Hungertod bedroht. Mohamed Abdilahi wollte weg aus diesem Elend, der 29-Jährige floh über Malta nach Deutschland. Doch auch hier fand er nicht das erhoffte Glück. Die Behörden entschieden: An diesem Dienstag soll der Somalier abgeschoben werden. Die Grünen im Bayerischen Landtag und der Flüchtlingsrat fordern einen sofortigen Abschiebestopp.

Abdilahi soll zurück nach Malta, denn nach geltenden Bestimmungen in der EU ist für das Asylverfahren eines Flüchtlings das Erstaufnahmeland zuständig. In diesem Fall also der südeuropäische Inselstaat. Der Bayerische Flüchtlingsrat drängt jedoch darauf, dass das Bundesamt für Migration von einem Sonderrecht Gebrauch macht und das Asylverfahren in Deutschland durchführt.

Die Lage für Flüchtlinge in Malta sei katastrophal, die materielle und gesundheitliche Versorgung nicht gewährleistet. Abdilahi werde somit im Falle einer Abschiebung völliger Perspektivlosigkeit ausgeliefert. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hatte noch vor wenigen Wochen erklärt, Deutschland werde der Insel Flüchtlinge abnehmen und so das Land, das mit der Ankunft Tausender Flüchtlinge aus Nordafrika überfordert ist, entlasten. Im Bezug auf die nun geplante Abschiebung von Mohamed Abdilahi nach Malta erklärte die Pressestelle des bayerischen Innenministeriums jedoch, 'der Fall liegt anders'. Abdilahi selbst erklärte dem Flüchtlingsrat, bevor er nach Malta müsse, würde er lieber sterben oder in sein Heimatland Somalia zurückkehren - angesichts der jüngsten Ereignisse in Afrika eine verzweifelte Aussage.

Ein positives Signal von den deutschen Behörden erhielt hingegen am Montag Abdo Basel. Der 16-jährige Syrer war über Italien nach Deutschland geflohen, auch ihm drohte die Abschiebung. Zwei Monate saß er in der JVA Stadelheim bei München, nun wurde der Minderjährige aus dem Gefängnis entlassen. Er befindet sich bei Verwandten in Magdeburg. 'Er ist ein Kind, und er ist alleine, ich möchte, dass er bei uns bleibt', sagte sein Onkel Sabri Mohamed dem Flüchtlingsrat. Ob die Abschiebung vom Tisch ist, bleibt allerdings unklar.

Möglicherweise kommt auch in den Fall Abdilahi noch einmal Bewegung. Der Abflug wurde kurzfristig von Frankfurt nach München verlegt, mutmaßlich hatte die Lufthansa dem Flüchtling den Flug verweigert, so dass dieser nun mit einer anderen Airline fliegen muss. Sollte dem geforderten Abschiebestopp stattgegeben werden, dann in letzter Minute. An diesem Dienstag ist für Abdilahi der letzte Tag der Überstellungsfrist.

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