Augsburger Allgemeine, 25.03.2013

Alle Asylbewerber sollen Deutsch lernen

In Bayern sollen zukünftig alle Asylbewerber Deutschunterricht erhalten. Dabei sollen auch ehrenamtliche Helfer eingebunden werden. In der Region gibt es schon gute Beispiele


Oft sind es persönliche Erlebnisse, die den Anstoß geben, sich ehrenamtlich zu engagieren. Bei der Erzieherin Rita Mayer aus Neuburg an der Kammel (Kreis Günzburg) war es die Begegnung mit zwei Afrikanern in einem Zug. Die Männer konnten nur zwei Worte deutsch: „Edelstetten“ und „Asyl“. Bei der Mittelschullehrerin Bettina Strodl aus Wertingen waren die Sprachprobleme einer afghanischen Schülerin der Auslöser, sich um die Flüchtlinge in Zusamaltheim (Kreis Dillingen) zu kümmern.

Integrationsminister beschließen einstimmig, Deutschkurse anzubieten

Die beiden Frauen, ihre Ehemänner und weitere Helfer füllten spontan mit ihrem freiwilligen, unentgeltlichen Deutschunterricht eine Lücke, die von den Hilfsorganisationen seit langem beklagt wird. Jetzt will der Freistaat tätig werden und allen Asylbewerbern Deutschkurse ermöglichen – vorerst auf eigene Kosten. Sozialministerin Christine Haderthauer (CSU) hat nach dem einstimmigen Beschluss der Integrationsminister aller Bundesländer am Donnerstag in Dresden zugesichert, dass der Freistaat „in Vorleistung“ gehen wird, bis der Bund die Sprachkurse anbietet. Einen entsprechenden Beschluss hat der Landtag bereits getroffen.

Bisher haben nur anerkannte Asylbewerber Recht auf Deutschkurse

Bisher haben Asylbewerber, die noch nicht anerkannt sind, nach bundesrechtlichen Regelungen keinen Anspruch auf staatlich finanzierte Deutschkurse. „Deutschkenntnisse erleichtern aber allen die Kommunikation, insbesondere auch mit Ärzten, Behörden oder der Asylsozialberatung“, sagt die Sozialministerin. Auch bei Nicht-Anerkennung und Rückkehr in das Heimatland seien Deutschkenntnisse ein Gewinn, denn sie verbesserten die beruflichen Perspektiven der Betroffenen auch dort.

Einen genauen Zeitpunkt für den Start des Unterrichts für alle Asylbewerber nannte das Sozialministerium nicht. Der Landtagsbeschluss werde „schnellstmöglich“ umgesetzt. „Dafür werden wir Geld in die Hand nehmen.“ Jetzt müssten sich die zuständigen Behörden mit den ehrenamtlichen Lehrern vor Ort zusammensetzen. „Auf ihre Erfahrungen wollen wir aufbauen“, sagte Pressesprecherin Carolin Schumacher. Ob diese für ihre Arbeit bezahlt werden sollen, sagte sie nicht.

Flüchtlingsrat lobt und kritisiert die Sozialministerin

Der Bayerische Flüchtlingsrat lobte die Sozialministerin ausdrücklich, dass sie sich in Dresden für Deutschkurse ab dem ersten Tag eingesetzt und die Finanzierung durch den Freistaat zugesagt hat, solange der Bund nicht zahlt.

Er kritisierte aber, dass Haderthauer sich weigert, einen Beschluss des Bayerischen Landessozialgerichts (LSG) als Präzedenzfall anzusehen. Das LSG hatte entschieden, dass das Taschengeld einer Asylbewerberin in Regensburg nicht wegen falscher Identitätsangaben um 25 Prozent gekürzt werden dürfe. Das Ministerium weigere sich nun, die Sozialämter anzuweisen, die 137 Euro in jedem Fall voll auszuzahlen. Stattdessen seien diese angewiesen worden, nach dem Muster eines Beschlusses des LSG Thüringen zu verfahren, das eine Kürzung um 30 Prozent für zulässig erklärt hatte.

Quelle: Augsburger Allgemeine

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