Isar-Loisachbote, 14.10.2009

Demonstrationszug und Podiumsdiskussion

Schongau - Zwei Organisationen fordern die Schließung aller Flüchtlingsheime

FDP will Änderung des Sachleistungsprinzips in Koalition behandeln

Es sei ein „trauriges Beispiel für die bayerische Politik der Flüchtlingsabwehr“, sagt Martina Mauer vom Netzwerk „Deutschland Lagerland“. Die Rede ist von der Flüchtlingsunterkunft in Schongau nahe des Tierheims. Mit dem Ziel, alle Flüchtlingslager abzuschaffen, organisiert das Netzwerk gemeinsam mit dem Bayerischen Flüchtlingsrat zwei Aktionen am Wochenende in Schongau.

„Wir haben Schongau bewusst als Ort für die Aktionen gewählt“, sagt Mauer. Denn schließlich seien es Bewohner aus der Schongauer Unterkunft gewesen, die auf sie zugekommen seien mit dem Wunsch, „etwas in Schongau zu machen“. Zudem habe sich bisher die Aufmerksamkeit von Politikern und Medien in der bayerischen Lagerdebatte vor allem auf die städtischen Großlager wie das 700 Personen-Lager in Würzburg oder die mittlerweile geschlossenen Containerlager in München konzentriert. „Dabei wird aber oft vergessen, dass es über ganz Bayern verteilt auch in den abgelegensten Ortschaften kleine Flüchtlingslager gibt.“

„Die Probleme in den peripheren Flüchtlingslagern sind die gleichen wie in den großen städtischen: räumliche Enge, fehlende Privatsphäre und staatliche Mangelversorgung mit Essenspaketen“, sagt Alexander Thal vom Bayerischen Flüchtlingsrat. Hinzu komme jedoch die abgeschiedene Lage. „Die daraus folgende Isolation macht vielen Bewohnern am meisten zu schaffen.“ Fernab der städtischen Zentren gebe es oft keine Arbeit, keine Telefon-Shops und auch keine Deutschkurse.

Aktuelle Brisanz erhält das Thema Flüchtlingsheime vor dem Hintergrund, dass zum einen der bayerische Landtag darüber debattiert, alle Flüchtlingsheime aufzulösen und die Bewohner stattdessen in Privatwohnungen unterzubringen. „Außerdem bringt die Bundes-FDP in diesen Tagen die Forderung nach der Abkehr vom Sachleistungsprinzip in die Koalitonsverhandlungen mit der CDU/CSU ein“, erklärt Mauer. Dieses beinhaltet sowohl die Unterbringung in Lagern als auch die Versorgung mit Essens- und Hygienepaketen anstatt mit Bargeld“, führt sie weiter aus.

Die Flüchtlingsunterkunft in Schongau: Rund 50 Bewohner sind dort in zwei länglichen Holzhäusern. Fast jede Woche ist auch Marinus Riedl dort. Er ist Caritas-Berater für Asyl- und Flüchtlingsfragen und hat im Jahr 2001 den „Freundeskreis Asyl“ ins Leben gerufen, dessen Mitglieder sich ehrenamtlich um die ausländischen Mitbürger kümmern. „Wir unterstützen grundsätzlich das Anliegen der FDP und der Organisationen für eine Verbesserung der Lebens- und Wohnbedingungen der Flüchtlinge, haben aber einen anderen Ansatzpunkt“, sagt er. „Erstes Ziel muss es sein, die Qualität der Unterbringung der Flüchtlinge zu verbessern“, fordert er. „Die bisher gültigen vier Quadratmeter Raum pro Person sind zu wenig, außerdem sollten Familien mehr Raum und Möglichkeiten zu familiengerechtem Wohnen bekommen.“ Außerdem setzen sich Riedl und die Caritas dafür ein, dass die Bewohner schneller aus den Unterkünften in Privatwohnungen mit einem bestimmten Qualitätsstandard vermittelt werden, da die Unterkünfte nicht für einen längeren Aufenthalt geeignet seien.

 

Quelle: http://www.merkur-online.de/lokales/nachrichten/demonstrationszug-podiumsdiskussion-493446.html

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