21.05.2012

Zwischen Inhaftierung und Obdachlosigkeit

Der 23-jährige syrische Flüchtling M.H. soll morgen – Dienstag, den 22. Mai – nach Bulgarien abgeschoben werden. Der Bayerische Flüchtlingsrat reicht Beschwerde beim Bundestag ein.

 

Der syrische Flüchtling M.H. hat eine Odyssee quer durch Europa hinter sich: Er ist von Syrien aus über die Türkei nach Bulgarien geflohen. Dort wurde er erstmal für drei Monate inhaftiert. Er kam frei und lebte drei Monate auf der Straße. Nachdem er zur Ausreise aufgefordert wurde flüchtete er weiter über Serbien nach Kroatien und Slowenien. Von Kroatien aus wurde er nach einer 10-tägigen Inhaftierung nach Serbien zurückgeschoben. Dort wurde ihm mit der Abschiebung nach Syrien gedroht, weswegen er über Ungarn nach Rumänien weiter floh. Dort sollte er wieder nach Serbien zurück geschoben werden. Aus Angst vor der dort drohenden Abschiebung nach Syrien machte er sich schließlich auf den Weg nach Deutschland.

In Deutschland wurde er von der Bundespolizei aufgegriffen und kam direkt in Abschiebehaft nach Stadelheim. Von dort aus droht ihm nun, am morgigen Dienstag, den 22. Mai 2012 um 09:15 Uhr vom Münchner Flughafen aus die Abschiebung nach Bulgarien. Er hat Angst, dort wieder unmittelbar in Haft genommen zu werden. Eine Angst, die nicht unberechtigt ist, wie Berichte von Amnesty International, dem Helsinki Komitee in Bulgarien und ein ausführlicher Artikel in der Süddeutschen Zeitung vom 13.01.2012 belegen.

Aus Kapazitätsgründen wird der Großteil der ankommenden Flüchtlinge inhaftiert. Dies erfolgt systematisch und ohne richterlichen Beschluss und kann einen u.U. einen jahrelangen Aufenthalt im Gefängnis nach sich ziehen.
Alternativ müssen viele Flüchtlinge auf Grund des Kapazitätsmangels in Obdachlosigkeit leben und haben somit auch keine Chance, ein geregeltes Asylverfahren zu durchlaufen. Das Problem: In Bulgarien gibt es lediglich 500 Plätze in Aufnahmeeinrichtungen für Flüchtlinge. Allein im Jahr 2010 wurden aber etwa 1000 Flüchtlinge in Bulgarien registriert. Anspruch auf medizinische Versorgung und Sozialleistungen (etwa 32 Euro im Monat) erhalten Asylsuchende aber nur, wenn sie in einer der Aufnahmeeinrichtungen wohnen. Alternativ droht ihnen Haft oder ein Leben in Obdachlosigkeit und ohne Perspektive.

Der Bayerische Flüchtlingsrat reichte eine Bundestagspetition gegen die Abschiebung ein. „Herrn H. droht bei der Rückkehr nach Bulgarien durch die systematische Inhaftierung von Asylsuchenden eine Verletzung seines Rechts auf Freiheit und Sicherheit sowie eine rechtswidrige Abschiebung nach Syrien, da kein faires Asylverfahren in Bulgarien gewährleistet ist“, sagt Agnes Andrae. „Wir fordern den sofortigen Stopp der Abschiebung und die Eröffnung eines Asylverfahrens in Deutschland.

Zurück