24.07.2003

Zweites bayerisches Ausreiselager vor der Eröffnung?

Noch im August diesen Jahres will Bayerns Innenminister Beckstein in der Gemeinde Engelsberg/Obb. (Landkreis Traunstein) ein neues Speziallager für Flüchtlinge eröffnen. Das Lager soll über 70 Plätze für „schwierige Fälle“ verfügen, es entsteht neben einer Gemeinschaftsunterkunft für Asylsuchende.

Seitens des Engelsberger Bürgermeisters Franz Ketzer (CSU) und des Gemeinderats gibt es Proteste. Dort wird befürchtet, dass es sich bei dem neuen Lager um ein Ausreiselager nach dem Modell „Fürth“ handeln soll, in dem abgelehnte Flüchtlinge durch Verhöre und Repressalien zur Ausreise genötigt werden sollen.

Erfolgsmodell Fürth?
Angesichts dieser Sachlage erscheint die gestrige Veröffentlichung des bayerischen Innenministers über die „Erfolgsbilanz“ des Fürther Ausreiselagers (bisher wählten knapp 50% der dort Eingewiesenen lieber den Weg in die Illegalität als der Einweisung in das Abschiebelager Folge zu leisten) als ein Legitimationsversuch bayerischer Lagerpolitik im derzeitigen Landtags-Wahlkampf.

Das in Engelsberg geplante Lager wird (noch) nicht als „Ausreiseeinrichtung“, so die Behördensprache, bezeichnet. Im Lager Fürth hatten es die Wohlfahrtsverbände abgelehnt, die im Konzept vorgesehene psychosoziale Beratung zu übernehmen, weil es ihren sozialen Grundsätzen zuwiderlief. Bezüglich Engelsberg laufen noch Verhandlungen zwischen der zuständigen Regierung von Oberbayern und dem bayerischen Caritasverband über die Übernahme der Beratung. Sollte sich bewahrheiten, dass in Engelsberg ein Ausreiselager in Betrieb genommen wird, sind jedoch sowohl der Migrationsbeauftragte des Verbands, Wilhelm Dräxler, als auch die Caritas Traunstein nicht zur Zusammenarbeit mit der Regierung bereit.

Keine Lagergesellschaft Bayern
Bayerischer und Münchner Flüchtlingsrat sowie die Menschenrechtsorganisation res publica lehnen die Errichtung eines neuen Speziallagers für Flüchtlinge kategorisch ab. Bayern ist auf dem besten Weg, zu einer Lagergesellschaft zu werden, in der wehrlose Menschen einer ausgrenzenden und mit der Menschenwürde nicht zu vereinbarenden Sonderbehandlung unterzogen werden.

BFR, MFR und res publica appellieren an die Gemeinde Engelsberg, die Caritas, alle in der dortigen Asylarbeit Tätigen und alle anderen interessierten Menschen, in Engelsberg kein neues Speziallager für Flüchtlinge zuzulassen.
Proteste seitens der Kommune führten in Neuburg/Donau im März diesen Jahres zur Zusage seitens des bayerischen Innenstaatssekretärs Regensburger, um dessen Wahlkreis es sich hier handelte, dass „so lange, wie ich im Amt bin“, in Neuburg kein Ausreiselager errichtet werde. Bei Engelsberg handelt es sich um den Wahlkreis des derzeitigen CSU-Fraktionsvorsitzenden Alois Glück.

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