25.01.2018

Zweifel an der Identitätsverweigerung

Verwaltungsgerichtshof rügt Bayerische Behörde

Der Freistaat Bayern schiebt als einziges Bundesland regelmäßig Afghanen unter dem Vorwand der „hartnäckigen Identitätsverweigerung“ ab. In einem exemplarischen Einzelfall hat jetzt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die Abschiebeandrohung durch eine einstweilige Anordnung abgewendet und den Vorwurf der Identitätsverweigerung als zu offensichtlich konstruiert verworfen.

 

Herr P aus Lichtenfels war gesetzter Kandidat für den Abschiebeflug vom 23.01.2018. Er hatte im September eine Ausbildung im Bereich Ernährung begonnen. Eine Ausbildungsduldung wurde ihm allerdings verweigert. Unter dem Vorwand der Mitwirkungsverweigerung wollte ihn die Zentrale Ausländerbehörde Oberfranken stattdessen nach Afghanistan abschieben.

 

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat nun beide Entscheidungen der Zentralen Ausländerbehörde in Zweifel gezogen. Herr P kann erst mal bleiben. Entgegen der Meinung der Ausländerbehörde konnte Herr P glaubhaft machen, dass er durchaus Aktivitäten unternommen hatte, sich ein Identitätspapier zu beschaffen. Auch hatte er den Antrag auf Ausbildungsduldung rechtzeitig und nach Meinung des Gerichts auch umfassend ausführlich gestellt, bevor die Ausländerbehörde erste Schritte zur Abschiebung eingeleitet hatte. „Gewichtige Anhaltspunkte sprechen für einen Anspruch des Antragsstellers auf die Erteilung einer Ausbildungsduldung nach § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG.“ urteilt das höchste bayerische Verwaltungsgericht (Abs. 15).

Auch wenn eine endgültige Klärung der Verhandlung in der Hauptsache vorbehalten bleibt, zeigen auch die Ausführungen des Gerichts zur Frage „hartnäckige Identitätsverweigerung“, dass es den Ausführungen der Zentralen Ausländerbehörde nicht folgt (Absätze 25-29). Deutlich wird, dass die Ausländerbehörde vom Betroffenen nicht einfach den Pass oder den Gang zum Konsulat verlangen kann, sondern auch die Schritte aufzeigen muss, über die ein Pass sinnvoll und zumutbar verlangt werden kann.

 

Der Bayerische Flüchtlingsrat sieht sich durch das Urteil in der Auffassung bestätigt, dass der Vorwurf der Identitätstäuschung oder mangelnden Mitwirkung in diesem und zahlreichen anderen Fällen nicht haltbar ist. Die Ausländerbehörden konstruieren Sachverhalte, die sich bei näherem Hinsehen als unhaltbar erweisen, nur, um Afghanen zur Abschiebung zu bringen. Beim Abschiebeflug vom 23.01.18 wurden von vermutlich 15 von Bayern vorgesehenen Fällen fünf durch gerichtliche Entscheidungen gestoppt. Das deutet darauf hin, dass den Behörden der Blick für die Verhältnismäßigkeit abhanden gekommen ist. Wir fordern den bayerischen Innenminister Joachim Herrmann auf, solch schäbige Praktiken seiner Ausländerbehörden zu stoppen“, so Stephan Dünnwald, Sprecher des Bayerischen Flüchtlingsrats.

 

Zum Urteil, auf das hier Bezug genommen wird >>>

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