09.06.2009
„Wir schließen alle Lager!“
Aktionstage zur Abschaffung des Lagerzwangs für Flüchtlinge vom 11.-14.6.09 / Gesetzgebungsverfahren im Bayerischen Landtag zur Zukunft der Flüchtlingslager beginnt am 18.6.09
Netzwerk Deutschland Lagerland: „Flüchtlingslager in Deutschland entkleiden die Flüchtlinge von allen grundlegenden Menschenrechten“, sagt Regina Kiwanuka, wenn sie auf die 8 Jahre vergeudeter Zeit in Nürnberger Flüchtlingslagern zurückschaut. 8 Jahre ohne Privatsphäre in Mehrbettzimmern mit fremden Frauen; versorgt mit Essenspaketen; Kontrollen durch Polizei und Sicherheitsdienste; Arbeitsverboten; Schikanen durch die Residenzpflicht; und eine Vergewaltigung durch einen Hausmeister. „Die Flüchtlingslager machen uns körperlich, geistig und seelisch krank.“
Aktionstage „Lagerschlussverkauf“
Dieses und hunderte ähnliche Schicksale sind der Hintergrund der jahrelangen Proteste des Netzwerks „Deutschland Lagerland“ gegen die Unterbringung von Flüchtlingen in Sammellagern. Nahezu 100 Flüchtlinge aus den 118 bayerischen Sammellagern und verschiedene Unterstützerorganisationen haben sich darin zusammengefunden, um zu erkämpfen, was eigentlich normal sein sollte: das gleiche Recht für Flüchtlinge, in Wohnungen zu leben, statt in Lager gezwungen zu werden.
Das Netzwerk „Deutschland Lagerland“ organisiert deshalb von 11.-14.6.09 den „Lagerschlussverkauf“. Im Rahmen dieser Aktionstage in München fordern die TeilnehmerInnen vom Bayerischen Landtag „Selbstbestimmung statt Zwang! Für ein Recht auf menschenwürdiges Leben!“
Am Donnerstag 11. Juni beginnt die Dauerkundgebung am Stachus. Mit einem großen Kuppelzelt sind wir dort bis Samstagnachmittag präsent.
11.6.09 | 13 Uhr | Stachus: Öffentliches Hearing mit Flüchtlingen zur Situation in den bayerischen Flüchtlingslagern
12.6.09 | 12 Uhr | Innenministerium: Rattentheater: Die Rattenlobby kämpft gegen Flüchtlinge für den Erhalt ihres Lebensraums Flüchtlingslager
13.6.09 | 13 Uhr | Stachus: Bayernweite Demonstration „Wohnungen statt Flüchtlingslager“ mit gemeinsamem Einreißen einer Mauer aus Flüchtlingslagern vor dem Bayerischen Landtag
Landtagsdebatte am 18.6.09
Mit den Lagerschlussverkauf-Aktionstagen will das Netzwerk Deutschland Lagerland ein deutliches Zeichen an die Abgeordneten des Bayerischen Landtags senden, die in der kommenden Woche die parlamentarische Debatte zur Zukunft der Lagerunterbringung von Flüchtlingen beginnen. Am 18.6.09 wird der Gesetzentwurf der Grünen im Landtagsplenum in erster Lesung debattiert. Die Grünen fordern damit die generelle Abschaffung der Lagerpflicht für Flüchtlinge und das Recht, in Privatwohnungen zu ziehen. Diese erste Lesung ist der Anlass dafür, dass alle Fraktionen nun Position beziehen müssen:
* Die FDP setzt sich für die Abschaffung der Flüchtlingslager ein und hält fest: „Ziel ist es, dass Asylbewerber möglichst eigeninitiativ eine Mietwohnung suchen können“.
* Die SPD erwartet „vom Freistaat Bayern einen Maßnahmenkatalog, der die Abkehr von der Regelunterbringung in Gemeinschaftsunterkünften vorsieht“.
* Die Freien Wähler sind in den Kommunen häufig mit den Problemen der Lagerunterbringung konfrontiert und werden sich einer Abschaffung der Lagerpflicht nicht sperren.
* Nur die CSU will an der anachronistischen Lagerunterbringung festhalten, wie Sozialministerin Christine Haderthauer betont. Innenminister Joachim Herrmann will zusätzlich aufwändige Einzelfallprüfungen durchsetzen und einen Auszug nur erlauben, wenn dadurch der Druck zur freiwilligen Ausreise nicht vermindert wird.
Massive Behinderung der Flüchtlingsproteste
Die Proteste der Flüchtlinge werden massiv von den bayerischen Behörden behindert. Flüchtlinge aus Nordbayern, die an den Aktionstagen teilnehmen wollen, berichten, dass Ihnen die Ausländerbehörden die Erteilung einer Reiseerlaubnis nach München verweigern.
Diese Praxis wird von der Zentralen Rückführungsstelle Nord und dem Bayerischen Innenministerium gedeckt. Reisen die Flüchtlinge ohne Erlaubnis nach München, droht ihnen eine Bestrafung mit bis zu einem Jahr Gefängnis.
„Das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit und das Menschenrecht auf Meinungsfreiheit muss in einem demokratischen Rechtsstaat eindeutig Vorrang haben vor kleinlichen Schikanen der Ausländerbehörden“, fordert Martina Mauer vom Netzwerk Deutschland Lagerland.
Weitere Informationen zu den Lagerschließungstagen und zum Netzwerk Deutschland Lagerland finden Sie unter: www.deutschland-lagerland.de
Informationen zur Landtagsdebatte in der nächsten Woche finden Sie unter:
www.fluechtlingsrat-bayern.de