03.03.2017

Bundesregierung gießt rechte Forderungen in Gesetz

Kieler Innenminister Studt zu Gast bei den Landesflüchtlingsräten

Während die Bundesregierung und viele Länder noch immer die Augen vor der Realität in Afghanistan verschließen, schafft Schleswig-Holstein Fakten: Vertreter*innen der Landesflüchtlingsräte und von Pro Asyl begrüßen auf ihrer Frühjahrstagung in Kiel ausdrücklich den von der schleswig-holsteinischen Landesregierung beschlossenen dreimonatigen Abschiebestopp. "Damit widerspricht die Regierung von Ministerpräsident Albig der inhumanen Abschiebepolitik de Maizières", so Martin Link vom Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein. Auch in den anderen Bundesländern regt sich immer stärkerer Widerstand. Doch Menschenrechte gelten auch für vermeintliche oder tatsächliche Straftäter*innen – es gilt die Unteilbarkeit der Menschenwürde. Angesichts der seit Jahrzehnten und absehbar fortdauernden Kriegsgewalt in Afghanistan fordern die Landesflüchtlingsräte und Pro Asyl ein dauerhaftes Bleiberecht für Afghan*innen. Hierüber diskutierten sie am Freitag auch mit dem schleswig-holsteinischen Innenminister Stefan Studt. Die Landesflüchtlingsräte und Pro Asyl lehnen auch das jüngst vom Bundeskabinett beschlossene Gesetzespaket zur geplanten massiven Ausweitung von Abschiebungen ab. "Anstatt sich populistischen Strömungen entgegenzustellen, gießt die Bundesregierung rechte Forderungen in Gesetz", erklärt Link. "Das Gesetz ziel auf Internierung, Überwachung und Isolation von Menschen. Es befördert rassistische Stimmungen in der Bevölkerung." Mit dem Gesetzespaket setzt der Bund die Serie der flüchtlingsfeindlichen Rechtssetzungen seit 2014 fort, die mit der Erweiterung der Liste sicheren Herkunfsländer begann. Die Landesflüchtlingsräte und Pro Asyl appellieren an die Landesregierungen, auch die Erweiterung dieser Liste um die Maghreb-Staaten am 10. März im Bundesrat erneut scheitern zu lassen. Immer wieder haben Menschenrechtsorganisationen auf die desolate Menschenrechtslage in Algerien, Tunesien und Marokko hingewiesen: Es kommt zu Folter, Verfolgung von Journalisten und politisch Oppositionellen und Unterdrückung von Homo-, bisexuellen und transgeschlechtlichen Personen. Ein am 13. Februar 2017 veröffentlichter Bericht von Amnesty International dokumentiert, dass in Tunesien Menschenrechtsverletzungen ein dramatisches Ausmaß angenommen haben. So komme es zu massiven Übergriffen durch die Sicherheitskräfte, willkürlichen Verhaftungen sowie zu Folter und Todesfällen in Haftanstalten. Auf der Tagesordnung der Tagung der Flüchtlingsräte stand außerdem die bundesweite Kampagne "Schule für Alle!" (www.kampagne-schule-fuer-alle.de). "Viele Kinder und Jugendliche werden weiterhin systematisch von Bildungssystem ausgeschlossen. Dies
verstößt u.a. gegen die UN-Kinderrechtskonvention und das Recht auf Bildung", sagt Marc Millies vom Flüchtlingrat Bremen. Die Vertreter*innen der Flüchtlingsräte und von Pro Asyl kritisieren zudem, dass die Ersatzbeschulung von minderjährigen Geflüchteten durch hierfür nicht ausgebildete Kräfte in Erstaufnahmeeinrichtungen und Ausreisezentren bildungspolitisch nicht haltbar ist. Über 16-Jährigen muss außerdem die Möglichkeit gegeben werden, einen Schulabschluss nachzuholen.

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