06.12.2017

Was gilt das politische Wort?

Geplante Afghanistan-Abschiebung weckt Zweifel an Politik und Abschiebebehörden

Dem Bayerischen Flüchtlingsrat wurde nun mehrfach vorgeworfen, er würde Geflüchteten zum Untertauchen raten. Als Menschenrechtsorganisation lehnt er strikt Abschiebungen nach Afghanistan ab und sieht es daher als seine Aufgabe an, betroffene Geflüchtete vor einer Abschiebung zu warnen und zu beraten. Dieser Vorwurf lenkt aber vom Eigentlichen ab: Hier werden Menschen in ein Land abgeschoben, dessen Sicherheitslage sich stetig drastisch verschlechtert. Außerdem wurde hier mehrfach Wort gebrochen: Das Innenministerium rechtfertigt die Abschiebungen und sagt, es handelt sich hier um Straftäter, Gefährder und hartnäckige Identitätstäuscher. Dass dem nicht so ist, zeigt folgender Fall:

 

Seiner Meldeauflage entsprechend ist Herr S., Afghane aus Bayreuth, heute um 9.00 Uhr bei der Zentralen Ausländerbehörde erschienen und wurde erwartungsgemäß festgenommen. Vorher hatte das Amtsgericht Bayreuth einen Haftbeschluss abgelehnt, weil die Identität des Mannes zweifelsfrei belegt sei und er nicht als Identitätstäuscher oder Identitätsverweigerer gelten könne. Herr S. ist weder Straftäter noch Gefährder, seine Identität ist geklärt.

 

Dem Bayerischen Flüchtlingsrat ist nicht erklärlich, warum es ausgerechnet diesen jungen Mann treffen soll, der offenkundig nicht die Absicht hat, unterzutauchen oder sich der Abschiebung zu entziehen, dem auch ansonsten nichts vorgeworfen werden kann. „Wenn wir diesen Fall als Identitätsverweigerer klassifizieren, dann trifft diese Kategorie einen Großteil der abgelehnten Afghanen in Bayern oder Deutschland. Hier muss dringlich eine Klarstellung erfolgen, weil sonst diese Einschränkung auf Straftäter, Gefährder und hartnäckige Identitätsverweigerer ihren Sinn verliert“, stellt Stephan Dünnwald, Sprecher des Bayerischen Flüchtlingsrats fest. „Dieser bayerischen Lesart muss Einhalt geboten werden.

 

Des Weiteren hat der bayerische Innenminister Joachim Herrmann im Herbst 2016 gegenüber Arbeitgeber*innenverbänden und Kirchen gesagt, die Abschiebung aus der Ausbildung solle nur in extremen Ausnahmesituationen stattfinden. Auch hier wurde Wort gebrochen: Der junge Mann N. befindet sich in einer qualifizierten schulischen Ausbildung im hauswirtschaftlichen Bereich. Er soll nun auch mit dem Flieger am Abend nach Kabul abgeschoben werden.

 

„Wenn der bayerische Innenminister von extremen Ausnahmefällen spricht, und die Ausländerbehörden dann beliebig Auszubildende auf die Abschiebeliste setzen können, dann hat der Innenminister entweder seine Behörden nicht im Griff, oder aber sein Wort gegenüber den Arbeitgeber*innen und Kirchen ist nichts wert. Wir erwarten hier eine Klarstellung“, so Dünnwald weiter.

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