04.03.2010

Vorübergehende Schließung des Flüchtlingslagers in Pfarrkirchen nicht hinnehmbar

Bayerischer Flüchtlingsrat und Karawane München fordern zügige Bereitstellung von Privatwohnungen, statt Flüchtlinge wie Waren von einem Lager ins andere zu verschieben

Bayerischer Flüchtlingsrat, Karawane München: Wie verschiedene Medien berichtet hatten, wurde das Flüchtlingslager in Pfarrkirchen (Niederbayern) vorübergehend zu Sanierungsarbeiten geschlossen. Die Flüchtlinge haben erst unmittelbar vor der Schließung davon erfahren und mussten innerhalb weniger Tage ausziehen. Der Grund: Das Lager wird komplett renoviert – eine Maßnahme, die schon längst nötig gewesen wäre. Die insgesamt 45 Flüchtlinge wurden auf verschiedene Lager in Niederbayern verteilt, wie Hauzenberg, Passau und Deggendorf. Wie lange sie dort verweilen müssen, steht nach Aussage der Regierung von Niederbayern nicht fest.

Die Flüchtlinge aus Pfarrkirchen leben seitdem in völliger Ungewissheit. Einige von ihnen haben im Landkreis Rottal-Inn Arbeit gefunden und soziale Netzwerke aufgebaut. Viele müssen nun ihre Arbeit unterbrechen oder teure Fahrtkosten in Kauf nehmen, einigen droht damit der Verlust der Arbeitsstelle. Gegen den Umzug in andere Flüchtlingslager können sie keinen Einspruch einlegen, sie müssen sich der Maßnahme beugen. Eine Alternativunterbringung in Pfarrkirchen ist seitens der Behörden nicht vorgesehen. Die Asylsuchenden werden aus ihrem sozialen Umfeld herausgerissen und dies auf unbestimmte Zeit.

Dazu Agnes Andrae vom Bayerischen Flüchtlingsrat: „Wir haben seit langem gemeinsam mit den BewohnerInnen des Lagers in Pfarrkirchen auf die unerträgliche Wohnsituation angesichts der maroden Bausubstanz, heruntergekommener Küchen- und Sanitäreinrichtungen und überbelegter Zimmer hingewiesen. Grundsätzlich begrüßen wir es, wenn dieses Lager geschlossen wird – der Sinn davon ist jedoch völlig verfehlt, wenn die Leidtragenden die BewohnerInnen des Lagers sind, für die sich eigentlich die Situation verbessern sollte. Was hier geschieht, ist ein bürokratischer Verschiebebahnhof auf Kosten der Flüchtlinge. Es muss gewährleistet sein, dass alle, die in Pfarrkirchen bleiben wollen, auch dort bleiben können.“

Zur Frage alternativer Unterbringungsmöglichkeiten äußert sich Hans-Georg Eberl von der Karawane München wie folgt: „Naheliegend wäre es doch, den Flüchtlingen endlich das Recht zuzugestehen, in Privatwohnungen umzuziehen. Es ist überhaupt kein Ding der Unmöglichkeit, für 45 Personen Privatwohnungen zu finden. Auch auf lange Sicht wäre dies eine Lösung, die die Bedürfnisse der Betroffenen ernst nimmt, anstatt mit Umverteilungen und der Suche nach neuen Lagerstandorten den untragbaren Zustand des Lagerzwangs nur weiter zu verlängern.“

Die Auseinandersetzung um die Situation der Flüchtlinge in Pfarrkirchen fällt in die Endphase der Landtagsdebatte um die Zukunft der Unterbringung von und des Umgangs mit Flüchtlingen. Dazu Agnes Andrae, Bayerischer Flüchtlingsrat: „Die Geschehnisse in Pfarrkirchen führen, ebenso wie der fortdauernde Boykott der Essenspaketversorgung in drei niederbayerischen Lagern, drastisch vor Augen, dass sich die vorherrschende bayerische Flüchtlingspolitik gründlich delegitimiert hat. Wir appellieren an die Abgeordneten des Bayerischen Ladtags, fraktionsübergreifend den Lagerzwang abzuschaffen und damit eine längst überfällige Wende im Sinne der Menschenwürde von Flüchtlingen einzuläuten.“

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