25.05.2018

„Very not correct“

Legitimer Protest im Transitlager Manching/Ingolstadt wird verhindert und in der lokalen Berichterstattung komplett falsch dargestellt

Gestern, 24.05.2018 kam es tagsüber im Ingolstädter Abschiebelager P3 zu einem Großaufgebot der Polizei, das von Herrn Dmytro Skyrta, einem Bewohner des Abschiebelagers, der selbst Anwalt ist, als nicht haltbar eingestuft wird:
„Der Einsatz der Polizei war absolut unverhältnismäßig und sehr aggressiv. Ich bin schockiert von der Vorgehensweise der bayerischen Beamten und finde die Art und Weise keineswegs korrekt.“
Die Serie von Berichten über Großeinsätze der Polizei in den sogenannten Transitlagern Bayerns reißen nicht ab. Nach Ellwangen, Donauwörth und Deggendorf, bei denen es darum ging Solidarisierung zwischen den Menschen zu verhindern und Menschen abzuschieben, waren wir bestürzt als uns der Familienvater Skyrta aus dem P3 Abschiebelager gestern anrief.
Er informierte uns darüber, dass die Bewohner*innen, schockiert davon, dass ihr ohnehin geringes Taschengeld gekürzt wurde, friedlich protestieren wollten und dieser friedliche Protest von bis zu 100 Einsatzkräften der Polizei aggressiv beendet wurde. Diese erschütternde Nachricht ist nun nur noch von der offensichtlich schlecht recherchierten Berichterstattung lokaler Medien zu übertreffen, mit der wir uns gestern konfrontiert sahen.
Es ist schwer zu glauben, dass die Artikel von Zeitungen wie dem „Donaukurier“ oder anderen Zeitungen wie „Blickpunkt – Die Wochenzeitung für Ingolstadt“ über die gleichen Geschehnisse berichten und diese mit „Alkoholisierte Asylbewerber lösten am Donnerstagnachmittag in der Asylunterkunft an der Manchinger Straße einen größeren Polizeieinsatz aus“ betiteln.
In diesen Zeitungen wird als Auslöser für den Polizeieinsatz von einzelnen Personen berichtet, die die Geldausgabe aufgrund ihres alkoholisierten Zustandes nicht mit einer Unterschrift quittieren konnten und ihnen deshalb die Auszahlungen verweigert wurden. Nach Aussage Dmytro Skyrtas, der seit 14 Monaten im Abschiebelager lebt, haben sich mehrere Personen aktiv geweigert die Geldausgabe mit ihrer Unterschrift zu quittieren und das Geld anzunehmen, da seit diesem Monat eine alleinstehende Person bis zu 35 € (Kinder zwischen 13€ und 24 €) weniger Taschengeld erhält. Die Regierung hatte bereits angekündigt, dass sie ab 24.05.18 die Pauschale für Mobilität und Transport einbehalten und stattdessen Monatstickets ausgeben wird – unabhängig davon, ob Personen das möchten oder nicht. Dies ist eine weitere Beschneidung der Selbstbestimmung und geht an der Lebensrealität der Menschen absolut vorbei. Die meisten Personen, die im Abschiebelager leben müssen, bewegen sich innerhalb der Stadt mit dem Fahrrad fort und nutzen das Geld für Transport vielmehr für Fahrten außerhalb Ingolstadts oder um sich nach ihren Bedürfnissen zu ernähren.
Laut Herrn Skyrta haben die Menschen gefragt, ob sie anstatt der Tickets das Geld ausbezahlt bekommen könnten, als ihnen gesagt wurde, dass dies nicht möglich sei, haben viele Bewohner*innen sich zu einem friedlichen Protest zusammengetan und gemeinsam weder Tickets noch Geld entgegengenommen. Daraufhin hat die Security, Herrn Skyrta zufolge, angefangen Menschen, einschließlich schwangere Frauen, zu stoßen und zu schubsen und sie aus dem Gebäude heraus zu drängen. In diesem Zusammenhang wurde die Polizei gerufen.
Skyrta fügt hinzu, dass die Polizei sehr aggressiv und eskalierend aufgetreten sei und im Zuge ihres Einsatzes alle Zimmer und Schränke durchsuchte, Kleidung einfach aus den Zimmern hinaus auf den Flur warf, egal ob die Bewohner*innen im Zimmer anwesend waren oder nicht. Dmytro Skyrtas schließt seine Berichterstattung mit den Worten „Der Tag war schrecklich“.
Abgesehen von den übertrieben aggressiven Polizeieinsätzen, die vor allem der Einschüchterung und Verhinderung von Solidarisierung dienen und viele Personen, die bereits in einem hohen Maße physische und psychische Gewalt am eigenen Körper erfahren haben, zusätzlich belasten, verurteilen wir die stigmatisierende und schlecht recherchierte Berichterstattung, die dazu beiträgt die Menschen in den Abschiebelagern weiter zu kriminalisieren. Wir sind erschüttert, dass Pressevertreter*innen der oben aufgeführten Ingolstädter Medien es scheinbar nicht für nötig halten, mit betroffenen Menschen zu sprechen, um wahrheitsgemäß und ausgewogen über die Geschehnisse berichten zu können.

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