31.08.2018

Verhaftung die Zweite

Nürnberger Student und ehrenamtlicher Rettungssanitäter soll nach Äthiopien abgeschoben werden

Heute Morgen wurde Neguss M. in seiner Unterkunft in Nürnberg verhaftet und zum Flughafen Frankfurt gebracht, um nach Äthiopien abgeschoben zu werden. Ein Déjá-vu - bereits im Mai 2018 versuchten mittelfränkische Behörden den Masterstudenten abzuschieben. Dies konnte jedoch nicht vollzogen werden, da anscheinend Unterlagen fehlten und die Airline ihn gegen Zwang nicht mitnehmen wollte.

 

Die versuchte Abschiebung des 34-jährigen Mannes stimmt fassungslos. Neguss ist seit mehr als fünf Jahren in Deutschland. Er spricht fließend deutsch, studierte im Master Management an der Uni in Erlangen, engagiert sich ehrenamtlich. So hat er beim Bayerischen Roten Kreuz als freiwilliger Rettungssanitäter gearbeitet und Dolmetschertätigkeiten übernommen. Seit einigen Monaten ist er bei UNICEF in Nürnberg aktiv – hätte dort auch als Bürokaufmann arbeiten können. Für das Absolvieren eines Managementkurses wurde er, wie die Nürnberger Nachrichten im Mai 2018 berichteten, sogar vom Oberbürgermeister der Stadt Nürnberg ausgezeichnet. Während seines Studiums und ehrenamtlichen Engagements lernte er viele Freunde*innen in Nürnberg kennen. Seine ehemalige Kommilitonin Daniela K. ist schockiert: „Neguss ist hier so gut eingebunden und ein toller Mensch, erst vor zwei Tagen haben wir gemeinsam bei mir zu Hause Pizza gegessen. Ich habe Angst um ihn und verstehe nicht, wieso sein Leben von den Behörden gefährdet wird“.

 

Die Europäische Union und Äthiopien sollen sich im Winter 2018 auf Absprachen über die Ausstellung von Passersatzpapieren und womöglich auch Rücknahme von abgelehnten Asylbewerber*innen geeinigt haben. Seitdem gab es eine Vielzahl von Verhaftungsversuchen äthiopischer Geflüchteter und einige vollzogene Abschiebungen. Vielfach waren Personen betroffen, die wie Neguss lange in Deutschland waren, arbeiteten und sich hier ein Leben und Freundeskreis aufgebaut hatten.

 

„Wir sind entsetzt über die steigende Skrupellosigkeit agierender bayerischer Behörden. Nach Afghanistan soll wohl nun auch in das nächste Land mit unsicherer Menschrechtslage abgeschoben werden“, kritisiert Johanna Böhm vom Bayerischen Flüchtlingsrat. „Erst Anfang August wurde von internationalen Helfer*innen vor einer humanitären Krise und steigenden Fluchtzahlen in Äthiopien gewarnt. In Bayern hingegen wird dies ignoriert und Abschiebungen um jeden Preis durchgesetzt. Weder innerstaatliche Konflikte noch die hervorragende Integration und die persönliche Lebenssituation scheinen die CSU im Wahlkampfmodus zu interessieren. Die Asylpolitik der CSU ist nur noch eines – brutal und menschenverachtend“.

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