07.03.2017
Sozialministerium wird nervös und droht den Wohlfahrtsverbänden, den Geldhahn zuzudrehen
Sozialministerium will Wohlfahrtsverbände zu Handlangern der Regierung machen
Die Wohlfahrtsverbände in Bayern haben dieser Tage ein Schreiben des Sozialministeriums bekommen, das eine ganz klare Drohung enthält: Sollten Mitarbeiter*innen der Wohlfahrtsverbände weiter Mitteilungen des Bayerischen Flüchtlingsrats verbreiten, wie von Abschiebung bedrohte Flüchtlinge sich dieser Abschiebung entziehen können oder wann ein Folgeantrag sinnvoll ist, dann droht das Sozialministerium damit, den Geldhahn (80 % der Stellenfinanzierung) zuzudrehen. Solche Verhaltensweisen liefen, so das Ministerium, nämlich dem Zweck der Förderung, basierend auf der „Richtlinie für die Förderung der sozialen Beratung und Betreuung von Ausländerinnen und Ausländern“ zuwider.
In der Richtlinie heißt es, dass die Betroffenen „objektiv und realistisch“ über ihre Situation in Deutschland zu beraten sind. Was objektiv und realistisch heißt, gibt die Richtlinie gleich mit vor, nämlich indem die Berater*innen auf Ausreiseverpflichtungen, Anerkennungsquoten und freiwillige Rückkehr und Weiterwanderung hinweisen.
„Mit diesen Grundsätzen nicht vereinbar ist es, wenn wie jüngst vorgekommen einzelne Mitarbeiter der Asylsozialberatungsstellen Hinweise des Bayerischen Flüchtlingsrats, wie Betroffene sich bevorstehenden Abschiebungen entziehen können bzw. wie und welche weiteren Rechtsmittel eingelegt werden können, kommunizieren. (…) Rein vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass im Wiederholungsfall bei einer dem Förderzweck nicht entsprechenden Mittelverwendung ein Widerruf der entsprechenden Verwaltungsakte in Betracht kommt.“ (Quelle: Sozialministerium)
Diese Drohung ist zumindest in einem Fall sehr angreifbar: Wer einem afghanischen Flüchtling zu Rechtmitteln rät, z.B. einen Folgeantrag zu stellen, der handelt absolut im Rahmen der Verpflichtung zu einer objektiven Beratung und informiert über eine Möglichkeit, die unser Asylsystem ausdrücklich vorsieht. Dem dürfen deshalb die Förderrichtlinien nicht entgegenstehen.
Auch im anderen Fall ist dieser Drohbrief fragwürdig. Wenn Wohlfahrtsverbände mögliche Betroffene über Handlungsmöglichkeiten informieren, so ist dies vielleicht nicht im Sinne der Staatsregierung, aber auch keine Verletzung der Förderrichtlinie. Es ist eher eine Verletzung der professionellen Maßstäbe Sozialer Arbeit, wenn Sozialarbeiter*innen nicht im Sinne ihrer Klient*innen handeln, sondern im Sinne der Geldgeber.
„Gern hätte das Sozialministerium Wohlfahrtsverbände, die als Handlanger des Innenministeriums fungieren“, kritisiert Stephan Dünnwald, Sprecher des Bayerischen Flüchtlingsrats. „Dem Bayerischen Flüchtlingsrat zeigt diese nervöse Reaktion des Sozialministeriums vor allem, dass der eingeschlagene Weg, afghanische Flüchtlinge über drohende Abschiebungen zu informieren, erfolgreich ist.“