10.10.2017

Sonderlager Bamberg: Massiver Eingriff in das menschenwürdige Existenzminimum

Flüchtlingen im Dublin-Verfahren werden in Erstaufnahmeeinrichtung Bamberg die Sozialleistungen vorenthalten / Flüchtlingsrat: Rechtswidrige Praxis sofort beenden!


Seit Eröffnung der Erstaufnahmeeinrichtung in Bamberg haben sich immer wieder Flüchtlinge darüber beschwert, dass ihnen die Sozialleistungen verweigert werden. Beschwerden häuften sich bei Dublin-Fällen, also von Flüchtlingen, für deren Asylverfahren laut Dublin-Verordnung ein anderer EU-Staat zuständig ist. Nach Ablehnung des Asylantrags durch das BAMF verweigert das Sozialamt der Stadt Bamberg ohne schriftlichen Bescheid und Begründung die Sozialleistungen und zahlt das soziokulturelle Existenzminimum nicht mehr bar aus. Viele der Flüchtlinge waren verzweifelt, weil sie noch nicht einmal mehr in der Lage waren, ihre Anwält*innen zu bezahlen.

Im Juli 2017 wandte sich der Bayerische Flüchtlingsrat an das Sozialamt der Stadt Bamberg mit der Forderung, die Rechtsgrundlage für diese Kürzungen zu nennen. Erst auf weitere Nachfrage erhielten wir nun eine Antwort. Diese Antwort ergibt ganz klar, dass die Kürzungen jeglicher rechtlichen Grundlage entbehren. Monatelang hat es also Geld einbehalten und Flüchtlingen die Auszahlung ihres verfassungsrechtlich garantierten Anspruchs auf ein menschenwürdiges Existenzminimum verweigert.

Die Stadt Bamberg bezieht sich bei den Kürzungen der Sozialleistungen für Dublin-Fälle explizit auf die Regelung für Relocation-Fälle – dies sind die innerhalb der EU vereinbarten 160.000 Flüchtlinge, die aus Italien und Griechenland in andere EU-Staaten umverteilt werden sollten, aber nur zu einem geringen Bruchteil auch wurden. Sollten sie das ihnen zugewiesene EU-Land verlassen und nach Deutschland kommen, haben sie keinen Anspruch auf Sozialleistungen. Diese Regelung darf jedoch nicht auf Dublin-Fälle übertragen werden. Darin wird der Bayerische Flüchtlingsrat durch die Bundesregierung bestätigt, die in einer Antwort auf eine Bundestagsanfrage schreibt, dass die Sozialleistungskürzung nur bei Flüchtlingen angewendet werden darf, „die sich entgegen einer Umsiedlungsentscheidung innerhalb der Europäischen Union in Deutschland aufhalten.“ Ein laufendes Dublin-Verfahren sei „nicht ausreichend, um eine Leistungskürzung (…) zu begründen.“ Auch mehrere Landessozialgerichte bestätigen diese Auslegung.

Das Bamberger Sozialamt greift mit seinen rechtswidrigen Sozialleistungskürzungen massiv in das menschenwürdige Existenzminimum ein”, kritisiert Katrin Rackerseder vom Bayerischen Flüchtlingsrat. „Die betroffenen Geflüchteten haben über Wochen und Monate keinen Cent zur Verfügung. Sie können sich weder anwaltliche Unterstützung suchen, noch ihre Kinder angemessen versorgen. Das ist nicht nur rechtswidrig, sondern auch höchst unmenschlich.

Der Bayerische Flüchtlingsrat fordert das Sozialamt der Stadt Bamberg auf, diese rechtswidrige Praxis sofort zu beenden und den betroffenen Flüchtlingen das ihnen vorenthaltene Bargeld umgehend rückwirkend auszuzahlen. Da das Sozialamt die Sanktionen nicht alleine entschieden hat, sondern in Zusammenarbeit mit der Zentralen Ausländerbehörde Oberfranken, ist davon auszugehen, dass diese Praxis auch in anderen Erstaufnahmeeinrichtungen in Bayern an der Tagesordnung ist.

Wir fordern darüber hinaus das bayerische Sozialministerium auf, diese unsoziale Praxis bayernweit abzustellen und den Respekt vor dem menschenwürdigen Existenzminimum durchzusetzen“, ergänzt Alexander Thal, Sprecher des Bayerischen Flüchtlingsrates. „Zudem machen diese rechtswidrigen Sozialleistungskürzungen deutlich, dass Bamberg in keinem Fall als bundesweites Modell für die von CDU und CSU beschlossenen ‚Entscheidungs- und Rückführungszentren‘ taugt!

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