24.05.2011

Sheriff Gnadenlos in unheilvoller Mission

Mitarbeiter des Ausländeramts Erlangen führt Feldzug gegen schwer kranke Frau aus „generalpräventiven Erwägungen“ / Gerichtsverhandlung am 26.05.2011 in Ansbach

Amina F. (26) ist schwer krank. Sie leidet u.a. unter einer schweren polysymptomatischen chronifizierten posttraumatischen Belastungsstörung, einer Persönlichkeitsstörung, dissoziativen Krampfanfällen und hat bereits mehrere Selbstmordversuche unternommen. Laut einem aktuellen psychologischen Befund entspricht ihre kognitive Leistungsfähigkeit „etwa der kognitiven Reife eines Vorschulkindes“. Sie wird deshalb von zwei Betreuerinnen gesetzlich vertreten. Nun sollte man meinen, dass alles dafür getan wird, eine solch schwer kranke Frau bestmöglich medizinisch und therapeutisch zu versorgen – wäre da nicht Armin M., Sachbearbeiter der Ausländerbehörde in Erlangen.

Amina F. lebte bereits von 2005 bis 2009 in Deutschland. Sie wurde im April 2009 nach Aserbaidschan abgeschoben. Da sie aufgrund ihrer Erkrankungen nicht in der Lage ist, ihren Lebensunterhalt selbst zu bestreiten, und die Erkrankungen dort nicht behandelbar sind, flieht sie erneut nach Deutschland, wo sie von der Polizei aufgegriffen und später zu zwei Monaten auf Bewährung wegen illegaler Wiedereinreise verurteilt wird. Amina F. lebt mit ihrer Cousine, die sie rund um die Uhr betreut, in einem Flüchtlingslager in Erlangen. Ihre Fenster sind verriegelt, um weitere Selbstmordversuche zu verhindern. Sie ist regelmäßig in psychiatrischer Behandlung, ihre Erkrankungen sind vom Versorgungsamt als Schwerbehinderung anerkannt.

Zusammen mit ihrem Anwalt hat Amina F. einen Antrag beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) auf einen Abschiebeschutz aus gesundheitlichen Gründen gestellt, sie wird dabei vom Internationalen Frauencafé in Nürnberg unterstützt. Soll dieser Antrag Aussicht auf Erfolg haben, ist ein ausführliches Gutachten einer spezialisierten Therapieeinrichtung notwendig. Deshalb war bereits ein Termin bei Exilio – Hilfe für Migranten, Flüchtlinge und Folterüberlebende e.V. in Lindau vereinbart.

Doch all dies hält Armin M. nicht von seiner Mission ab, Amina F. abzuschieben. In seinem Ausweisungsbescheid vom 18.08.2010 zeichnet er von Amina F. das Schreckensbild einer Sicherheitsgefährderin und beruft sich dazu auf ihre Bewährungsstrafe wegen illegaler Wiedereinreise, drei Verurteilungen wegen Diebstahls von Babynahrung, Windeln und Zigaretten und einer Ordnungswidrigkeit wegen eines Vergehens nach dem Asylverfahrensgesetz. Amina F. stelle eine „Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung“ dar, die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis sei deshalb „aus generalpräventiven Gründen abzulehnen“. Und weiter: „Darüber hinaus muss anderen Ausländern deutlich vor Augen geführt werden, dass die Ausländerbehörden willens und in der Lage sind, bei derartigen Fallkonstellationen […] ausländerrechtliche Maßnahmen zu ergreifen. Nur so ist eine wirksame Abschreckung zu erreichen.“

Zudem verhindert er den vereinbarten Begutachtungstermin bei Exilio, in dem er die Erteilung einer Reiseerlaubnis nach Lindau davon abhängig macht, dass Amina F. „eine amtsärztliche Erklärung über ihre uneingeschränkte Flug-/ Reisefähigkeit“ für die Abschiebung vorlegt. Er behindert dadurch nicht nur Amina F. massiv in ihren Bemühungen, vom BAMF einen Abschiebeschutz anerkannt zu bekommen. Seine Forderung nach einer solchen amtsärztlichen Erklärung ist zudem schlicht rechtswidrig, denn nur eine Behörde kann eine amtsärztliche Untersuchung veranlassen, Amina F. selbst hat dazu gar keine Möglichkeit.

„Es ist uns absolut unbegreiflich, wie Armin M. seine Abschreckungs-Mission auf Kosten einer hilfebedürftigen Person verfolgt. Anstatt abzuwarten, bis das BAMF in einem einigermaßen fairen Verfahren über den Antrag auf Abschiebeschutz für Amina F. entscheidet, führt er im Stile eines Sheriff Gnadenlos einen eigenmächtigen Feldzug gegen eine schwer kranke Frau“, kritisiert Matthias Weinzierl vom Bayerischen Flüchtlingsrat.

Amina F.s Rechtsanwalt hat gegen die Ausweisung geklagt, am Donnerstag, den 26.05.2011 um 10.45 Uhr wird die Klage vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach verhandelt. Wir bitten Sie um den Besuch der Verhandlung.

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