05.01.2017
Schikane und rücksichtslose Behandlung von Menschen in den Abschiebelagern
Anwältin und Ärzteinitiative für Flüchtlingsrechte verurteilen die neuesten Vorfälle aufs Schärfste
Für die Familie Tmava wurde Weihnachten zu einer Katastrophe und purem Stress. Die Mutter zweier kleiner Kinder ist psychisch schwer krank und traumatisiert. Ihre Reiseunfähigkeit wurde bereits durch drei Gutachten bestätigt-zwei davon von der Zentralen Ausländerbehörde in Auftrag gegeben. Doch darauf nehmen die Behörden keine Rücksicht. Als die Familie am 15.12.2016 völlig erschöpft von ihrer Gerichtsverhandlung im VG München in die Ankunfts- und Rückführungseinrichtung (ARE) nach Ingolstadt zurückkehrte, wurden sie aufgefordert, sofort in eine andere Außenstelle der ARE umzuziehen. Trotz der Bitte um Aufschub und Eingreifen der Asylsozialberatung sowie der Anwältin wurde der Umzug mit Polizeigewalt vollzogen.
Doch auch nach dieser Schikane, konnte die Familie in der Weihnachtszeit keineswegs zur Ruhe kommen, denn kurz darauf stand der nächste Umzug bevor. Aus angeblichen Brandschutzgründen mussten sie plötzlich, wie alle anderen Familien, innerhalb der Containerunterkunft umziehen und sich seither ein Zimmer mit einer anderen Familie teilen. Dadurch verschlechterte sich der Zustand der schwerkranken Mutter nochmal immens.
Betrachtet man die Vorgeschichte der Familie (der Bayerische Flüchtlingsrat berichtet bereits im September 2016), sind diese Vorfälle nochmals schwerwiegender und der psychische Stress für die Familie kaum vorstellbar. Die Familie, die seit Anfang 2016 in der ARE untergebracht ist, bekommt bereits seit März letzten Jahres keinerlei Bargeld mehr. Somit leben sie seit knapp einem Jahr unter schäbigsten Bedingungen mit der ständigen Angst vor einer Abschiebung und unglaublichem psychischen Stress im Abschiebelager.
Die Anwältin der Familie ist fassungslos, so ein Verhalten der Behörden habe sie noch nie erlebt. Nach ihrer Einschätzung hätte die Familie eigentlich schon längst eine Duldung erhalten sollen und müsste wieder Geldleistungen beziehen. Aber die Behörden in den Abschiebelagern sehen das offensichtlich anders.
Kritik kommt auch von der Ärzteinitiative für Flüchtlingsrechte: "Es ist untragbar, dass bayerische Behörden einen Krieg gegen psychisch schwer erkrankte und verzweifelte Flüchtlinge führen. Es gibt nunmehr drei fachärztliche Atteste, die die Reiseunfähigkeit bescheinigen; trotzdem wird versucht, die Abschiebung juristisch durchzusetzen, und die Familie mit zwei Kleinkindern wird mit allen Mitteln schikaniert." stellt Dr. Nowotny fest.
Auch der Bayerische Flüchtlingsrat kritisiert die Abschiebelager schon seit deren Eröffnung und fordert die sofortige Schließung: „Die menschenunwürdige Behandlung in den Abschiebelagern ist immer wieder aufs Neue schockierend. Es ist unglaublich und zu verachten, wie die Bayerische Regierung hier mit Menschen umgeht. Leider ist dies kein Einzelfall, sondern die Lebensrealität unzähliger Menschen in den Abschiebelagern“, so Mia Pulkkinen.