18.07.2012
Schallende Ohrfeige für die Bundesregierung
Asylbewerberleistungsgesetz ist verfassungswidrig und muss abgeschafft werden / Auch das bayerische Aufnahmegesetz und die Asyldurchführungsverordnung müssen sofort außer Kraft gesetzt werden
Mit seinem heutigen Urteil erklärt das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) das seit 1993 gültige Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) für verfassungswidrig. Die Bundesregierung ist nun verpflichtet, „unverzüglich“ eine Neufassung des AsylbLG zu erarbeiten. Darüber hinaus setzt das BVerfG mit sofortiger Wirkung eine Übergangsregelung in Kraft, da „die fortdauernde Anwendung der verfassungswidrigen Normen […] angesichts der existenzsichernden Bedeutung der Grundleistungen nicht hinnehmbar“ ist. Die Sozialleistungen werden demnach für alleinstehende Flüchtlinge auf 336 Euro monatlich erhöht, von denen 130 Euro in bar ausbezahlt werden müssen. Diese Entscheidung entspricht einer Erhöhung von etwa einem Drittel.
Das BVerfG begründet sein Urteil damit, dass „die in Art. 1 Abs. 1 GG garantierte Menschenwürde […] migrationspolitisch nicht zu relativieren“ ist. Alexander Thal, Sprecher des Bayerischen Flüchtlingsrats erklärt dazu: „Die Entscheidung des BVerfG ist eine schallende Ohrfeige für Ursula von der Leyen und alle Vorgängerregierungen der vergangenen 20 Jahre. Ihre Politik der menschenunwürdigen Behandlung von Flüchtlingen muss nun endlich ein Ende haben. Das AsylbLG nicht reformierbar und gehört abgeschafft!“
Zudem stellt das BVerfG fest, dass die Leistungen nicht unter „das physische und soziokulturelle Existenzminimum“ abgesenkt werden dürfen, „um Anreize für Wanderungsbewegungen […] zu vermeiden“. Damit wird auch die Politik der Bayerischen Staatsregierung abgestraft: Die Asyldurchführungsverordnung hält explizit fest, dass die Unterbringung in Flüchtlingslagern „die Bereitschaft zur Rückkehr in das Heimatland fördern“ soll. CSU-PolitikerInnen erklärten zudem in der Vergangenheit, dass die niedrigen Sozialleistungen und die Versorgung mit Sachleistungen den Anreiz für Flüchtlinge mindern sollen, in Bayern Asyl zu suchen.
„Wir fordern deshalb die Bayerische Staatsregierung auf, nicht länger verfassungswidrig zu handeln. Das bayerische Aufnahmegesetz und die Asyldurchführungsverordnung müssen sofort außer Kraft gesetzt werden“, so Thal.