22.05.2019
Prügelknabe des Innenministeriums
Amberger Afghane muss als Legitimation der Afghanistan Abschiebungen herhalten
Gestern, am Dienstag den 21.05.2019, wurden 24 Männer nach Afghanistan abgeschoben. 14 davon kommen mutmaßlich aus Bayern. Einer davon ist A., ein 18-jähriger Mann aus Amberg, der kürzlich vor dem Jugendgericht zu einer Jugendstrafe von sechs Monaten auf Bewährung verurteilt wurde. Er hatte im Dezember 2018 alkoholisiert mit 3 weiteren Geflüchteten in der Amberger Innenstadt Passant*innen angegriffen und verletzt. Bereits vor dem Prozess und der Aufarbeitung der eigentlichen Tat, hat Innenminister Herrmann lautstark die Abschiebung der vier Beschuldigten angekündigt. A. hatte zu Prozessbeginn seine Tat vollumfänglich eingeräumt, Schuldeinsicht und Reue gezeigt und eine gute Sozial- und Resozialisierungsprognose erhalten. Im Prozess wurde er als sog. Mitläufer behandelt. Sich „bewähren“ kann A. nun nicht mehr, wie vom Innenministerium angekündigt, wurde er gestern nach Afghanistan abgeschoben.
Tritt eine Person strafrechtlich in Erscheinung, kommt es zu Ermittlungen und gegebenenfalls zu einem Prozess mit Urteil - dass Straftat, Umstände, Reue und Lebenssituation der straffällig gewordenen Person einbeziehen muss. Tritt eine Person mit Fluchthintergrund strafrechtlich in Erscheinung, werden von hiesigen Politiker*innen rechtsstaatliche Prinzipien wie etwa Verhältnismäßigkeit der Strafe oft nicht mehr mitbedacht. Die Abschiebung zusätzlich zur Strafe oben draufgesattelt.
„Es geht uns nicht darum, Taten zu entschuldigen und Mitleid zu fordern. Es geht darum, Straftaten unterschiedslos und nach gleichen rechtsstaatlichen Grundsätzen zu verfolgen. Eine Abschiebung in ein Bürgerkriegsland, gehört unserer Ansicht nach nicht dazu,“ sagt Johanna Böhm vom Bayerischen Flüchtlingsrat. „Sammelabschiebungen nach Afghanistan stehen massiv in der Kritik. Die Rede von der Abschiebung von Straftätern lenkt von Abschiebungen in Gefahrengebiete ab und stellt Geflüchtete unter Generalverdacht. Das ist keine vernunftbasierte Politik, das ist populistische und gefährliche Hetze“.
Bei der Diskussion um Straftäter geht verloren, dass bei allen Afghanistanabschiebungen eben auch Personen aus Bayern betroffen sind, die nicht straffällig wurden und zum Teil schwer krank waren. Das bayerische Innenministerium hat gestern wieder mehrere suizidgefährdete Männer nach Düsseldorf zum dort gestarteten Abschiebeflieger gebracht. Eine Person war scheinbar in einem so miserablen Zustand, dass der Arzt am Düsseldorfer Flughafen die Abschiebung stoppte. Zwei weitere Afghanen wurden auf Geheiß des Innenministers in letzter Minute wieder aus dem Flugzeug geholt. Beide waren unbescholten, einer hat Arbeit, der andere hatte eine Ausbildung zum Sozialpfleger begonnen. In beiden Fällen gab es zahlreiche Appelle aus der Zivilgesellschaft, von der Abschiebung abzusehen.