15.05.2005

Protestschreiben an UNHCR

Dieses Protestschreiben unterzeichneten ca. 100 BewohnerInnen des Flüchtlingslagers in Neuburg an der Donau und sandten es im Mai 2005 an UNHCR, Amnesty International und an Pro Asyl. Mit diesem nahezu einmaligen Akt der Selbstorganisation kam die Protestwelle in Neuburg ins Rollen.

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir, die Unterzeichner, sind die Bewohner der Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber in 86633 Neuburg an der Donau, Donauwörtherstr. B82, und wir sind Asylbewerber mit Aufenthaltsgestattung oder Duldung. Wir möchten bei Ihnen die nachfolgende Proteste anzeigen, unsere allgemeine Situation darlegen und Ihre Hilfe erbitten damit uns gesetzmäßig zustehende Rechte verteidigen zu können.

Wir protestieren gegen die qualitativ ungeeignete und quantitativ nicht ausreichende Verpflegung in Form von Essenspaketen und wir wünschen uns, die Gewährung der uns zustehenden Leistungen für Lebensmittel in Form von Ausstellung von Wertgutscheinen oder Auszahlung von Bargeld. Wir zeigen auch hiermit an, dass das Deutschensteuerzahlersgeld im Namen unserem nach der Bereicherung der einigen sich beteiligten Privatsleutentasche fließt.

Wir protestieren auch gegen die Streichung des Taschengeldes für viele von uns unter verschiedenen Vorwands, dass in der Höhe von knapp 40 Euro für Erwachsene und 20 Euro für Kinder pro Kopf und pro Monat beträgt. Wir wünschen uns die rechtmäßige Gewährung des bereits soweit möglich gekürzten, jetzt verbleibenden und nicht mehr abweisbaren Taschengeldes, was viele von uns für die Deckung des Lebensbedarfs verwenden, anstatt als Taschengeld zu benutzen. Wir zeigen an, dass die Streichung des Taschengeldes für uns eine weitere Einstellung des Lebensbedarfs bedeutet.

Wir protestieren gegen die zu hoch berechnenden Unterkunftsgebühr, dass für einen Schlafplatz in einem kleinen Zimmer wo wir kochen, essen und schlaffen und unsere Koch- und Essgeschirr in der Toilette waschet mussten, das wiederum für mehrere Leute, und dass knapp 200 Euro pro Kopf und pro Monat beträgt, und wir wünschen unserer Mitbewohner, die eine Arbeitsstelle finden konnten und Einkommen Beziehen dürften aber dann nur an die Staatskasse zurückzahlen zu müssen eine gemäßigte Gebührenerhebung. Wir protestieren auch gegen das Verbot des Ausziehens aus der Unterkunft, nur damit Leute auszubeuten, und wir wünschen für unsere Mitbewohner, die es sich leisten können, draußen eine Wohnung mieten zu dürfen. Dies ist geboten sowohl aus gesundheitlichen wie auch wirtschaftlichen Gründen Aus gesundheitlichen Gründen, weil Leute nach der schmutzigen und schwierigen Arbeit sich vernünftig auszuruhen verdient haben, und aus wirtschaftlichen Gründen, weil der Staat keine Anspruch auf Monopol der Ausbeutung unter der Ausschließung der rechtmäßigen Wettbewerb auf freier Markt haben sollte. Wir wünschen uns die Beteiligung unserer Interessenvertretung im Gebührenfestlegungsverfahren, damit es sich um eine fairere und transparentere Gebührenerhebungsverfahren handeln könnte.

Wir protestieren gegen die Weigerung der hiesigen Sozialhilfeverwaltung uns ständig jeglicher Form von Leistung für Kleidung, einschließlich für kleine Kinder, zu gewähren und wünschen wir uns mindestens eine gemäßigte Leistung für Kleidung, insbesondere für innere Kleidung, zu gewähren.

Wir protestieren gegen die ständigen Kriminalisierung und das Strafbarmachen von der Seite der Behörden für alles was wir tun, manchen nur weil wir es nicht genügend verstehen können, bedingt der kulturellen und sprachlichen Barriere. Damit kassiert nur der Staat zurück von uns was wir übrig als Leistung für Lebensbedarf erhalten dürften, nur wegen was wir es nicht richtig verstehen könnten.

Des weiteren protestieren wir gegen die Betrachtung und Behandlung wie einen Gegenstand, den es nur auszubeuten gilt und gegen die ständigen Demütigungen. Wir betonen hiermit, dass wir Schutz bedürftige Menschen sind, und wir verlangen, dass man uns auch so annimmt.

Wir zeigen unsere Proteste zunächst bei der zuständigen UNHCR Stelle in Deutschland und anderen Menschenrechtsorganisationen und erbitten ihrer entsprechende Hilfe unsere Rechte verteidigen zu können.

Rein vorsorglich möchten wir auch darauf hinweisen, dass wir uns nun mehr unsere Rechte als Flüchtlinge zu verteidigen entschlossen sind, sollten unsere bescheidene Wünsche unberücksichtigt und unerfüllt bleiben.

Mit freundlichen Grüßen

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