26.01.2004

Proteste gegen den Lageralltag

Einladung zum Pressegespräch mit einem Bewohner der Münchner Flüchtlingsunterkunft am Schwankhardtweg

Baracke am Schwankhardtweg
Baracke am Schwankhardtweg
Pressegespräch: Donnerstag, 29. Januar 2004, 10:30 Uhr
Bayrischer Flüchtlingsrat, Augsburgerstraße 13, 80337 München

Pro Baracke eine Küche, zwei Waschräume und in jedem Zimmer drei Personen, das ist die Situation in der „Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber“ am Schwankhardtweg in München-Riem. Privatsphäre ist unmöglich in diesem traurigen Lageralltag. Das Asylbewerberleistungsgesetz schreibt den Flüchtlingen ein Leben in einer Gemeinschaftsunterkunft vor, in Bayern müssen sie mit Lebensmittelpaketen und 50 Euro Taschengeld auskommen.

Die Lebensumstände am Schwankhardtweg sind aber noch wesentlich härter als sonst. Der Unterkunfts-verwalter Peter Vogt fühlt sich persönlich zuständig, wenn es darum geht, psychischen Druck auf die Bewohner zu erzeugen. Asylbewerbern wird ihre persönliche Post nicht ausgehändigt, Ausweiskontrollen gibt es auch um 4 Uhr morgens, Flüchtlinge werden im Büro eingesperrt, damit die Polizei sie in Abschiebehaft nehmen kann. Am Eingang des Lagers finden zu allen Tages- und Nachtzeiten regelmäßige Polizeikontrollen statt. Wer das Lager verlässt oder betritt, muss seinen Ausweis zeigen. Wer keinen Pass, sondern (wie die meisten BewohnerInnen) nur eine Duldung vorweisen kann, erhält eine Strafanzeige. Diese Anzeige ist zwar juristisch nicht haltbar, doch die meisten Flüchtlinge kennen ihre Rechte kaum – ein Anwalt ist oft zu teuer.

In ganz Europa werden Flüchtlinge in Lagern wie am Schwankhardtweg interniert. Lageralltag, Arbeits-verbote und Polizeikontrollen gibt es überall. In Deutschland gilt zusätzlich die Residenzpflicht für Flüchtlinge. Diese verbietet es ihnen, ihren Landkreis zu verlassen. Das Menschenrecht auf Bewegungs-freiheit gilt für Flüchtlinge nicht, genauso wenig wie es zwingende gesetzliche Bestimmungen über Raum und Umstände der Unterbringung gibt. So leben die ca. 230.000 Geduldeten oft jahrelang ohne Privatsphäre, viele in Lagern, manche auf Containerschiffen wie in Hamburg oder Köln. 150.000 von Ihnen leben nach Angaben von Pro Asyl seit über fünf Jahren in Deutschland.

Am Samstag, den 31.01.2004 findet im Rahmen eines europaweiten Aktionstags gegen die EU-Flüchtlingspolitik eine Kundgebung vor der „Gemeinschaftsunterkunft“ im Schwankhardtweg statt. Ab 14:00 Uhr werden Flüchtlinge und MenschenrechtsaktivistInnen mit Musik, Volksküche und Aktionen „dem Lagerregime die Rote Karte zeigen“.
Schon am Donnestag den 29. Januar 2004 berichtet ein Bewohner der Unterkunft in der Augsburgerstraße über das Leben im Lager. Vertreter des bayrischen Flüchtlingsrates, der Karawane und von RES Publica stehen für Fragen zum europaweiten Aktionstag und dem deutschen Lageralltag zur Verfügung.


Fotos der Unterkunft im Schwankhardtweg finden Sie im Internet unter:
http://www.ausreisezentren.de/az/index.php?~{4454bd0702f3a}

Informationen zum europaweiten Aktionstag finden Sie im Internet unter:
http://www.noborder.org

Anwesende:
- Alexander Thal (RES Publica, Sprecher des bayrrischen Flüchtlingsrats)
- Ein Bewohner der Flüchtlingsunterkunft am Schwankhardtweg
- Tobias Klaus (Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen München)

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